Feier des Jahres Ein Tausend Sieben Hundert Zwey und Achtzig.

von Gottlob Nathanael Fischer

Einsam und voll Ernst saß, in der Hütte des Winters,
Reinhold. Draußen tobte der Sturm, un heulten die Winde,
Und die Luft von ziehenden Schneegestöber war finster.
Aber nicht die Seele des Sängers. Die heitere Seele
Schaute gleich dem Auge des wolkenschwebenden Adlers,
Über Länder und Völker! und über Vergangenes und Zukunft!
Und ihm fuhr der Gedanke: »Wie schnell sie fliehen, die Jahre!«
Schauernd durch den Geist. Der SChauer wurde zur Klage:

Die Jahre fliehen! Kaum nur begonnen, sind
Sie schon am Ende! Jedes vergangene lässt
     Ein kürzeres an seiner Stelle!
          Scheidet , und kehret den Wunsch und Bitten

Und flehn nicht wieder! Leichter, als Spreu vom Wind,
Wird von der Erde jedes Lebendige
     Dahingerissen. Und wie Lange?
          Ruh' ich in schlummernder Väter Grabe! -

Aber ich ermannte mich wieder, Was hilft sie, die Klage?
Drum gebot ich ihr Schweigen. Da kamen helle Gedanken
Mir in die Seele zurück. Mich umschwebten Thaten der Helden,
Freuden des menschenfreundes, und Freuden des weiseren Forschers.
Und irch rief, mit segnendem Munde, dem scheidenden Jahr nach:

Auch, du, du fliehst schon! - aber du trägst, o Jahr,
Viel hohe Thaten, werth der Unsterblichkeit,
     Aus meinem Vaterland der Zukunft
          Stolzer entgegen, und darfst dich kühnlich


Im großen Reihen mit den gepriesensten
Von deinen Schwestern messen! Denn künftig wird
     Germania, von Dir an, seine
          Schöneren Tage der Freiheit zählen!

Sey stolz, o Deutschland! Friedrich und Joseph sind
Von Deinen Söhnen! Friedrich, in Greisenschmuck
     Umringt von Göttergleichen Thaten!
          Joseph, beginnend, wie noch kein Kaiser,

So hoch sein Ruhm auch glänzt, der erhabenen
Ottonen Keiner, Keiner der Heinriche,
     Beginnen oder enden konnte!
          Keiner sein dankendes Volk beglückte!

Noch keiner hatte Friedrich, den Einzigen,
Zu seinem Muster! Keiner noch um sich her
     80 viel der Weisen und der Edlen,
          Welche begierig aus seinem Munde

Der hohen Worte jedes vernehmen, und
Mit Freunden fliegen, seinen Befehl zu thun!
Das gegen festentschlossene Weisheit
Weder des schleichenden Grüblers Wendung,

Noch Lärm des Schreiers etwas vermag!
So steht Gibralters Felsen; unten um seinen Fuß
     Schlicht Gallier und prahlt Iberer;
          Aber er steht, des Erobrers spottend!

Hart und fürchterlich war mit Aberglauben und Dummheit
Durch Jahrhunderte schon der Kampf. Sie trotzten mit Hohne
Denn gebietenden Fürsten, dem unterrichtenden Weisen;
Achteten Wahrheit weder, noch Macht, noch heilige Würde;
Schonten der Freiheit nicht, noch Menschenglückes; und raubten,
Für der Herrschaft ewige Dauer, bald Qualen des Abgrunds,
Bald erfanden sie List, und schmiedeten feinere Fesseln
Für die Geister der Erdenbewohner. Und ihrer Gesandten
War ein zahllos Heer von tausend Gestalten und Farben.
Die durcheilten, geschäftige Diener, die Lande; durchschlichen
Alles, bis in die Winkel des innersten Hauses; erforschten
Jedes Geheimniß! hielten die Seelen in ewiger Kindheit;
Leiteten sie umher an Gängelbnaden, und Alles,
Bald durch Schmeicheln gelockt, und bald durch Drohen gezwungen,
Hing an ihrem Willen, und sie, die Götzen des Volkes,
Aßen des Landes Mark. - Heil Euch, ihr Fürsten von Deutschland!
Daß ihr eure Kinder befreit, und fremder Tyrannen
Ausgesandte Knechte verjagt! Und mehr noch gesegnet
Seyd mir, wenn ihr, die sonst euch eure Kinder verführten,
Umzuschaffen vermögt; daß aus Verführern des Volkes
Menschenbeglücker sie werden, und, ihre Sorge mit Eurer
Sorge verbindend, von nun an der Sterblichen Freude vermehren!
Dreimal seyd mir alsdann, ja dreimal Fürsten, gesegnet!
Denn ist's größerer Ruhm nicht, den Ungerechten zu bessern,
Als ihn über die Gränze zu bannen? - Ihr nennt euch ja Väter!
Seyd auch ihnen Väter! Die Elend Schaffenden waren
Elend selber! Darum erbarmt euch ihrer, o Früsten!
Bessere Weisheit lehrt sie und macht sie zu Lehrern des Volkes;
Lehrt sie frohen Genuß der Güte Gottes! damit sie
Selbst auch endlich der Menschheit heilige Rechte genießen,
Und, im Schooße des eignen Hauses, die süßesten aller
Erdennamen, den Namen des Vaters, den Namen der Mutter;
Hören, und Gott, den Geber unendlicher Seligkeit, danken!

Alle Freuden und Schmerzen der Sterblichlichen rühren die Seele
Reinholds. Knabe noch war er, da ward sein Herz ihm beklommen,
Wenn er Leidende sah. Und ach! die Tausend und Tausend,
DIe, verbannt in die Mauern des ewigverschließenden Klosters,
Einsam, ohne zu hoffen, die trägen Tage verseufzen,
Oder mit Sünden scherzen, die sollten mit trüben Gedanken
Ihm das Herz nicht füllen? - So saß ich in trüben Gedanken
einst vertieft; da war´s als schimmert' aus neblichter Ferne
Mir ein Strahl von Hoffnung. Siehe, da ward ich von Neuem
Fröhlich, und Hoffnung sprach in prphezeienden Liede:

Die Zeit wird kommen! - Aber wie spät? wie bald?
Durch welche Krümmen Gottes Verhängnis, eh',
     Was einst geschehen soll, geschehni ist,
          Drehen und winden sich miß im Irrgang?

Woher das Heil kommt? Brüder, wie vielmal schon
Floß Heil aus Deutschland über die Völker aus!
     Ob Heil aus meinem Vaterlande?
          Oder woher sonst? das wisst ihr Enkel;

Allein vor unserm wartenden Auge birgt
Sichs noch im Dunkel! - Thräne des Kummers, fleuß,
     Selbst Ganganelli starb, und ließ dem
          Kommenden Thäterdie That zu enden! -

Die Zeit wird kommen, wo die Verfinsterung
Der Klostermauer sinket mit ihrem Wall,
     Und drin statt Heuchelei und Schwermuth,
          Thronen des Lebensgenuß und Freiheit!

Ich fluche Keinem; aber wie kann denn Mann
Der Segen werden, welcher im Herzen Trug,
     Und, gleich das Paradieses Schlange,
          Höhere Tugend und Weisheit lügend,

Zuerst dem Landes Gottes die Möncherei,
Unkeusche Keuschheit, freventlich auferlegt,
     Daß Tausende seit jenen Tagen
          Kinder der Hölle gewisser wurden,

Und bessere Seelen, selbst noch in Einsamkeit
Getreu der Tugend, - schleichenden Harms verzehrt,
     Zu Schatten schwanden, bis sie endlich,
          Jammerbelastet, hinunter sanken

Zur Gruft, und ruhten! - Als es im Tode schloss,
Da hatt' ihr trübes Auge nun ausgeweint;
Da schwieg das allgewalt'ge Toben
Endlich im Grabe, das ihre Brust hob,

Und von der Räuber Händen mit Macht ihr Recht
Zurück verlangte, welches die Dulder selbst
     Sich ja nicht raubten! Hört's zu Freiheit
          Heiliges Recht, und zu Menschenfreuden! - -

Erwartet Roms nicht! Rom, die Tyrannin knirscht,
Daß ihrer Herrschaft Ende gekommen ist;
     Daß ihre Heere, weithin vormals
          Siegend, die Feste des Reiches kaum schützen;

Daß ihnen Blitz den Fürsten erzittern sonst,
Dem Thronen wankten, Keiner erschrecken will!
     Denn sieh', denVölkern ist der Schleier
          Ihrer Verblendung herabgefallen! - -

Ihr, die ihr's könntet; könntet und doch nicht thut;
Entbranntes Zornes zürnte der Menschenfreund
     Euch! wüsst er nicht, daß auf dem Throne
          Könige Menschen, und schwach, wie wir, sind,

Und wenig können! Enge des Geistes den,
Des Herzens jenen, andre beschränkt Gesetz,
     Und ihres Nachbars Auge bindet
          Sitte der längsten entflohenen Vorzeit! -

Sey Thronensitzer, oder, mit freier Wahl,
Zu großen Thaten himmelab ausersehn,
     Der Unbemerktgebornen Einer,
          Daß du die Zeiten und Völker wandelst;

Wirst du dieß thun einst, sey uns, woher du kommst,
Mit Dank empfangen! Deiner Erretteten
     Sind viel, und strahlend deine Krone,
          Weil du die leidende Menschheit rächtest!

Weil du Betrogene lehrtest, daß Gott allein
Gefällt, wer Recht thut; Religion, und du,
     Gleich deinem Stifter, liebenswürdig,
          Dem, der dich kennet, der Freuden Quell bist!

Damals wussten wir nicht, was jetzt wir wissen, o Brüder!
Wie die Stunde des Heils in eilendem Fluge sich nähert!
Joseph und Pius sind Freunde! So sah´n sie neulich einander,
Als der seltne Besucher von Rom Wiens Mauern besuchte!
Joseph wird handeln, und Pius nicht hindern! Was auch der Höfling
Schlau ins Ohr ihm raunt,! Dem siehe, des weisere Rom hat
Endlich gelernt, daß, wer sich zu viel um Fremdes bekümmert,
Thörricht ist, sich selbser versäumt, und Andre zum Zorn reitzt!
Dankt dem Himmel, und hofft! Auch dießmal wieder aus Deutschland
Wird sich über die Völker ein neues Leben ergießen!
Die Gebundenen werden befreit, die Trauernden fröhlich
Werden und viel der Menschenverdammer zu Fremden der Menschen!
Stimmen von allen Seiten erschallen, und fordern gekränkter
Menschheit heilige Rechte zurück, von frömmelnder Dummheit
Vormals ihnen geraubt! O, höret, ihr Fürsten, die Stimmen!
Nicht mit Donner und Blitz im Schlachtgefilde zu schrecken;
Nein, zu schützenden Engeln des Menschengeschlechtes geboren,
Habt ihr zu helfen die Macht! Drum brauchet die Macht, um zu helfen!
Du vor Allen, Theresiens Sohn! Die Trophäen des Friedens,
Wie der blühenden Kunst, und Menschenbeglückender Weisheit,
Die sich schon überall dir unter den Völkern erheben,
Nach Jahrtausenden werden sie einst noch herrlicher glänzen,
Als Denkmale des Kriegs, mit Waffen von tausend Erschlagnen,
Mit eroberten Fahnen und Lorbeerkränzen behangen!

Sie kommen! Ich sehe sie freudig!
Sie kommen, die goldenen Tage,
     Von Himmel zur Erde herab!
Wo nicht mehr nach blutigen Schlachten
Der Tempel von Jubelgesängen
     Zum Gotte des Friedens erschallt!

Bald werden die Könige lernen,
Daß besser entscheide die Wahrheit,
     Als wüthendes Feuer und Schwert!
Bald werden die Könige wissen,
Daß höher verherrlichte Weisheit,
     Als Kämpfe mit eiserner Faust!

Ihr später geborenen Enkel,
Besitzer der goldenen Tage,
     Wie glücklich, wie glücklich seyd Ihr!
kein Schrecken vor feindlichen Waffen
Zerstört euch in ruhigen Hütten
     Des freieren Lebens Genuß!

Noch zwar sind die Zeiten entfernt! Und ehe sie kommen,
Werder der Jünglinge viel' ihr Blut im Felde vergießen!
Aber sie kommen gewiß! Der Weißheit Frucht ist der Friede!
Noch bekriegen in Westen sich eifersüchtige Völker;
Bald auch werden im Ost sich neue Flammen entzünden.
Minder Stolz als wir, wird einst in seinen Geschichten
Auf das entflohene Jahr der traurige Britte zurückschaun!
Ach, es ist aus der Krone des Reichs ihm einer der schönsten
Edelsteine dahin! unwiederruflich verloren!
Zweimal vier versuchende Jahre, gerüstete Flotten,
Heere, gesammelt im Land', und erkauft von fremden Gebietern,
Alle verschwendeten Schätze des reichen Landes vermochten
Nichts! Die Verlornen sind hin, und Amerika frei! - Das sahen
Alle zuvor; die Einzigen nicht, die das wankende Schicksal
Ihres Vaterlandes zuerst mit Auge des Adlers
Sehen sollten! -- Die Sonn' hat seitdem kreisenden Laufes,
Fünfmal Bäume belaubt und fünfmal wieder entblättert,
Da saß Reinhold, alte Geschichten und Thaten der Vorwelt
In der Seele bedenkend. Da kam der nahenden Zukunft
Ihm ein Strahl in den Geist. Du lagst unglückliches Falmouth,
Traurig auf Amerika's Strande. da zürnte Reinhold:

Das spricht Reinhold, der Barde;
     Das der Mann, den die Wahrheit liebt;
          Das sprcht, der in Vergengnen
               Schauet die Zukunft:

Wird die erwartete Mutter -
     Sie hört den stolzen Namen gern -
          Wird sie nicht endlich und bald
               Seyn, die sie war, dem Namen getreu;

So ist's geschehen! und bald -
     Eh' zum zweiten Male die Sonne zurückkehrte, -
          Horcht, Atlantischer Meere jenseits,
               Furchtsam Keiner der Droherin mehr!

Groß und weit sind deine Stämme!
     Schön, Amerika, deine Ufer,
          Menschenwimmelnd! Entschlossene Jugend
               Ist dein, und Washington, der weise Zögrer!

Ich sehe Wüsten!
     Städt' in der Asche!
          Rauchend die Wüste von Blut! Über der Asche tönt
               Todesgewinners Nachhall! Röcheln der Sterbenden!

Am heißen tag
     Wird der Erschlagenen viel seyn!
          Und hell ihr Ruhm
               In den Büchern der Zukunft!

Löw' und Löwin,
     Der man ihre Jungen geraubt hat,
          Wer für Vaterland und Freiheit,
               Für die zum Kampf geht!

Hier die geliebtere Hütte,
     Und dort den Feind sieht!
          Als er die Hütte verließ,
               Bracht' ihn sein Weib den Erstling der Liebe,

Fleht' ihn, für Weib und Hütt' und Sohn
     Heißen Kampf zu Kämpfen;
          Gib ihm den Knaben, ihn zu sagen,
               Dass er werde, wie Er!

Thränend war der Heldin Abschied;
     Todtragend im Kampfe des Helden Schwert!
          ZWar erliegen Kämpfer für Freiheit,
               Aber von keinem besiegt!

Ich seh', ich seh' der Vorwelt Trümmern
     Schönere Stadt' entsteigen!
          Das Todesgetön umher ist verhallt!
               Und Wüsten wandeln sich in Gärten Gottes!

Zu Schanden wird,
     Wer dich zu Schanden machen will;
          Wer Gesegnet ist,
               Wer dich segnet, der Freiheit Land!

     Kommende Zeiten, ihr werdet uns lehren:' Ob bessere Freiheit
Auf Kolumbia's Boden, die" Frucht des Himmels, gedeih'n wird?
Oder ob fleißige Pflanzer, ob Weis', ob emsige Künstler,
An der Stelle des einen itzt hundert Könige fürchtend,
Einst mit Schmerzen nach alter Freiheit Tagen zurückschau'n?
Welches das Loos auch sey, das künftig den Ländern des neuen
Reiches falle; so folgt, o folgt dem lehrenden Beispiel,
Ihr, die Gallien zeugt', und ihr, Iberiens Töchter,
Ihr, die Belgien schuf, die Lusitanien pflanzte;
Folgt'! o folgt ihm bald! Hat nicht eu'r ferner Gebieter
Selbst die kühne That von Albions Töchtern gebilligt,
Sie mit Waffen und Gold und Legionen zum Kampfe
Wider die Mutter gerüstet? Und eure stolzen Beherrscher
Sind euch lange nicht das, was Albion jenen gewesen!
Aber freue, Germania, dich! Wo Thaten geschehen,
Werth, im Tempel des Ruhms zu prangen mit ewigem Lorbeer,
Da sind Deutsche! Nur wenige Britten sind Albion übrig;
Elliot, Einer von ihnen, gerecht, unerschütterten Sinnes,
Tapfer, Feinde zu schlagen und Gold zu verachten! Und dennoch
Konnte die Hälfte des Ruhms der Edle nimmer geniefsen;
Hätten mit nervigem Arm, ausdauernd im Wachen, in Arbeit,
Deutschland, deine Söhne die Feste nicht doppelt so schrecklich
Dem Belagrer gemacht, und lang' verzögerte Hülfe,
Festes Entschlusses, Gibraltar, auf deinen Felsen erwartet!
Reich an großen Entdeckern, und reich an weisen Erfindern
Bist, Germania, du! - Dass über den Gränzen Saturnus
Nicht ein leerer Raum die fernen Sonnen von Sonnen
Trennt, und der Erden noch mehr um unsre Sonne sich wälzen,
Sah ein Deutscher zuerst! und zuerst gab denkend ein Deutscher,
Uranus, dir den Namen, und setzte dir Zeiten und Laufbahn!
fleißige Späher des Himmels, dich, Herrschel und Bode, dich werden
Enkel dereinst, so oft die Forscher der Welten den neuen
Stern erblicken, neben den Namen der großen Entdecker
Nennen, und neben den Namen, der hohen Kenner des Himmels!
Aber die Weisen haben gelernt. Von nun an wird Keiner
Sagen: Wir kennen sie alle, die Erden, alle die Monde,
Die des belebenden Lichts von unsrer Sonne sich freuen!
Keiner mehr glauben: Kometen allein mit dem leuchtenden Schweife
Fliehn der Sterblichen Blick! Noch viel der Erden und Monde
Haben Raum und Licht, eh'm unter den Sternen des Himmels,
Königin unsers Tags, du der entfliehenden letzten
Deiner Begleiterinnen, entschwindest! - - Vernehmt von Sänger,
Was mich LAmberts Geist, in mitternächtlicher Stunde
Mir erscheinend, gelehrt; als jüngst mit heißem Verlangen
Ich die Welten Saturns und Jupiters neben einander
Friedlich durch die Gestirne des Schützen, am südlichen Himmel
Leuchtend wandeln sah, der großem Vereinigung sich nährend.
Etwas von dem, was einst sein Geist von Ferne vermuthtet,
Auch wohl nicht vermuthet, und was er jetzt mit Augen
Sieht und weiß, das lehrte der Mund das seligen Weisen
Meinen durstenden Geist. Das Meiste der großen Belehrung,
Täuschende Dämmerung noch halb, und Licht mit Finsterniss bekämpfend,
Bildet sich noch erst werdend in mir zum Bilde der Schöpfung.
Einiges ward mir hell in der Seele. Von diesem vernehmet
Einen schüchternen Laut, Geweihte der himmlischen Weisheit!

     Alle Stufen des Tags und der Nacht sind geschaffen,. In Sonnen
»Sind die höchsten beisammen. Ein freies unendliches Heiter
»Ohne Schatten; ein Licht, selbstständig Alles erfüllend,
»Bereitet sich über sie aus in gränzenlosen Gefilden.
»Nur zuweilen zertheilt es die Schimmer, und blendender fleußt es
»Hier zusammen, und dort verlässt es die liegende Gegend.
»Dann wird über der liegenden Gegend die dunkelste reinste
»Nacht. wir Thoren auf Erden, wir nennen es Flecken der Sonne;
»Zweifeln, ob dort vielleicht von ausgebrannter Verwüstung,
»Ohne Licht und Gestalt, ein schwrzer Körper sich zeige,
»Oder ob nicht etwas dem stürmenden Grunde des Feu'rmeers
»Inseln sich entrissen, ein Stoff zu neuer Zerstörung?
»Aber die hohen Sonnenbewohner freuen der Aussicht
»In die Himmel sich dann, und fliegen eilenden Fittigs
»Aus der Gegend umher, von allen Seiten und Enden,
»In die Schatten zusammen; und sehn in strahlendern Lichtglanz
»Die verschwisterten Sonnen und ihre begleitenden Erden,
»Als durch dichtere Lüfte wir! Drum ruhen die Nächte
»Feierlich auf den Gefilden, so lang', bis der kreisende Himmel
»Seine Millionen vor ihren Blicken vorüber
»Alle geführt; und drum verbreiten dei heiligen Nächte
»Sich so weit umher, damit der ganze Gesichtskreis
»Dunkel sey, und nicht das Licht der fernesten Gegend
»Ihnen in seinem Schimmer den kleinsten der Sterne verschlinge! -
»Nicht die Sonnen allein, auch ihre dunklen Begleiter
»Nähren Saamen des Lichts in sich selbst. Auf Sonnengefilde
»Groß, als er sie schuf, der Segen bereitende Schöpfer;
»Meere des seligen Tags; indess er den wandelnden Erden
»Wenige Tropfen nur des himmlischen Segens ertheilte.
»Dieses kärgliche Licht, n fremde Stoffe verborgen,
»Schlummert unaufgeweckt, bis neue Kräfte von Außen
»Ihm sein Leben ertheilen. Der Sonnen ewiges Lichtmehr
»Lebt durch sich selbst und erfüllt mit seines Lebens Bewegung
»Den unendlichen Raum, so weit ihn jene beherrschet.
»Wo das göttliche Licht den wandelnden Erden begegnet;
»Weckt es die schlummernde Kraft, dass rings auf ihren Gefilden
»Zahllos Lichter und Farben und zahllos Freuden erwachen. -
»Nachbarinnen der seligen Sonnen mischte der Schöpfer
»Weniger bei des leuchtenden Stoffs. Denn stärker getroffen
»Von dem näheren Strahl, sind ihre Tage doch heller;
»Aber die Nächt' auch dunkler, als in den entfernteren Welten.
»So sind deine Tage, Merkur! den neidische Wolken,
»Vor den Sonnengefilden vorüber wanden zu sehen,
»Meinen Auge neulich verboten. Du nächster der Sonne;
»So sind deine Nächte! auch deine, himmlische Venus!
»Ihnen ähnlich bist du, der Menschen Ernährerin, Erde!
»Und du, röthlicher Mars! Auch du, mit deinen Bewohnern,
»Schwimmst noch, heller bestrahlt, inm nahen Lichte der Sonne! -
»Aber mehr und mehr gab Er des eigenen Lichtes
»Erden und Monden, die uns in weiteren Bahnen umkreisen,
»Dass der fernhertreffende Strahl es schneller errege,
»Leichter inihrem Schooß sich jedes Leben erwärme,
»Und für unsers Tages Verlust, die leichteren Nächte
»Noch mit einigen Schein, wie beginnende Dämmerung, sie trösten
»Drum auch schuf der ewige Weltenherrschafter im Anfang
»Ihrer Massen ein Theil zu wiederscheinenden Monden
»Und umgehenden Ringen; und darum wenden im Schwunge
»Ihre Pole so reißend sich um, dass jegliche Gegend
»Früher den göttlichen Tag der Sonner wiedererreiche;
»Und in kürzesrer Nacht, die übrigen SChimmer der Fläche
»Selten völlig erlöschen. uweilen wird nur der Luftkreis
»Lichtlos dunkle Nacht, für weise Beschauer des Himmels.
»Aber die siebente Erd' und unsrer Freundinnen letzte,
»Hoher Uranus, über dir! in unendlicher Laufbahn
»Fünf Myriaden Jahre sich wälzend, hat ewige Dämmerung.
»Dämmerung sind ihre Nächt', und ihre Tage sind Dämmerung;
»Denn ihr leuchtet die Sonne, wie zwanzig Siriusschimmer.
»Aber ihre Gefilde, bewohnt, wie Gefilde der Erde,
»Sind mit Lilienweiß, und Gold und flmmenden Scharlach
»Übersäet, erhellen sich selbst, - wie Nächte des Winters
»Uns durch selbsterleuchtenden Schnee, - mit bleibender Dämmerung. -
»Ihr auch, die ihr vordem das Auge der schauenden Einfalt,
»Trug der fliegende Schwng euch unsrer Erde vorüber,
»Oftmals schrecktet, Kometen bestimmt, bald nähe den Sonnen,
»Ihres Strahlenmeeres mit vollen Zügen zu trinken,
»Bald bis über die Bahnen hinaus der kreisenden Erden,
»Weit hinaus euch zu reißen, in lichtbedürftige Fernen,
»Ihr auch seyd vor sengenden Tag' und traurigen Nächten,
»Über welche der Erde Bewohner euch öffters beklagen,
»Durch euch selber geschützt.« - »Auch dieses lernt' ich vom Weisen. -
»Ihnen durchwebte der Schöpfer den ausgebreiteten Luftkreis,
»Mehr, als Erden und Monden, mit Licht. Entfernt sich im Fluge
»Von der Quelle des Lebens der Stern; so zieht sich der Schimmer
»Dichter und dichter um ihn zusammen, und leuchtet ihm stärker.
»Aber naht erder Sonne; so breitet der schwebende Lichtglanz
»Weiter und weiter sich aus, wohltätig die Kräfte zerstreuend
»Des zu mächtigen Strahls aus naher Quelle des Lichtes.
»Reichlicher sammelt sich dann die Zahl der schimmernden Dünste
»Auf der Seite der Nacht; Kometen zur frohen Erleuchtung,
»Blicken anderer Welten zum Schweif.« - Doch höre Gesang auf,
Mehr von entfernten Welten und Reinholds Freuden zu singen!
Siehe! sind nicht umher der mannichfaltigsten Scenen
ÜBergang? - Verlass den Himmel, und senke diech wieder
Zu der Erd' herab, zur Wohnung der sterblichen Menschen!
Schau' ihr Werk, und preise Verdienst und strafe den Unsinn!

     Unsinn, trauriges Genf, hat dich zerüttet, un nahe
Deinem Verderben gebacht! - O völkerbeglückende Freiheit,
Wahrlich, du wohnst nur da, wo Gesetz und Einer regieren;
Nicht wo Hundert' und Tausende herrschen! Es herrchen mit ihnen
Böser schielender Neid, und eifersüchtiges Misstrau'n,
Streben nach Höherer Macht, und Murren über das Streben,
Streitenden Kräfte, die ewig sich gegen einander empören.
Nicht seit gestern, ob auch mit jedem Tage dein Gold wuchs,
Warst du die traurige Stadt, o Genf! Schwermüthiges Grübeln
Brütet' auf jeglicher Stirn und haust' im Herzen der Bürger;
Dass sie, wenig offen für Freuden des sterblichen Lebens,
Von Systemen des Staats, von neuen Rechten und alten,
Und von Schätzen sich nur besprachen; dass kalt und verdrüßlich
Sie den Fremden empfingen, der etwa käme von Fern her,
Aus der Sprechenden Munde zu lauschen entflohnes Geheimniss,
Das er zum Nachbar trüge. - Mit herzlichen Danke gesegnet
Seyd, ihr Stifter des Friedens, die ihr den brausenden Unsinn
Mit bewaffneter Hand gewehrt und mit friedlicher Weisheit,
Das von eigener Wuth nicht völlig vernichtet sie da lag,
Grausendes Denkmal ihr; den Völkern ein wanendes Beispiel

     So liegst du verheert, in Trümmern und Asche verwandelt,
Stambul, du! des Elends Raub! der Empörungen Schauplatz! -
O wer leiht mir des Schreckens Farben? die Tage des Jammers
Treu zu malen, als aus den Wolken der Engel des Todes,
Flammen in seiner Hand, auf deine Zinnen herabfuhr.
Von Pallast zum Dache des Armen, vom Tempel zur Hütte,
Wüthenden unersättlich die gierigen Flammen. - Da stürzen
Mütter hinaus,  im Arm den kaum geretteten Säugling,
Andre stürzten hinein, verzweifelnd, den Säugling zu retten,
Ach, und kehrten nicht wieder! Geheul und Winseln und Angstgeschrei
Füllte die Luft! Von Straße zu Straß', im wilden Gedränge,
Taumelten, liefen, und standen, wie Donnerbetroffen, und flohen
Hunderttausend, ein klägliches Volk! Da suchten einander
Mann und Weib, und Eltern und Kinder, in grauser Verwirrung;
Fanden sich nicht! Denn ach, das flutende Menschengedränge
Hatte sie niedergetreten! Es flogen feurige Balken
Von den Ruinen umher und brachten der schmälichsten Tod mit.
In den neuen Tempel, von dir erbauet, o Selim,
Drang des Volkes ein Theil, um hier das LEben zu finden,
Ach, und fand den Tod, von tausend Qualen begleitet!
Plötzliche Fammen ergriffen den Tempel und schlossen den Ausgang;
Höllenangst umgab die Eingeschlossenen, bis endlich
Von der Macht des Feuers geschmolzen, das glühende Bleidach
Sich in Ströhmen ergoss, die steigenden Qualen zu enden.
Da fand Alles sein Grab! - O Bruder, suche die Schwester,
Suche den Bruder nicht! Umsonst! Ihr seht euch nicht wieder!
Jüngling, deine Geliebte , sie ist im Tempel der einsank,
Mit in Achse verwandelt! und du, die thränend umherblickt,
Suchend des Herzens Vertrauen, er ist auf ewig entschwunden! -
Siehe, so mörderisch hauste die Glut! - Nun hatten die Flammen
Endlich ihr Werk vollbracht, und einzelne Feuer nur brachen
Zwischen dem rauchenden Schutt' hervor. Zwei schreckliche Drittheil
Stambuls, ach des Stolzen Stambuls, lagen in Trümmern. -
Seitdem wandeln, wie Schatten, zahllos irrende Haufen,
Bleich, von Hunger entstellt, und nackt, von Allem verlassen,
Zwischen den Aschenhaufen, und liegen im offenen Felde,
Oder fliehn zu fernen Gestaden vom Ort des Entsetzens! --
Schont, o schont des traurigen Volks, ihr mächtigen Nachbarn.
Jetzt versunken in Elend! - Aber sie trotzen im Unglück
Dennoch, und fordern Krieg, und wollen tiefer noch sinken!
Nun so schonet sie nicht! und duldt nicht länger, ihr Fürsten,
Auf Europa's Boden die Herrchaft stolzer Tyrannen! -
Oder zwingt sie,Menschen zu werden! Gerechtere Fürsten
Hört, ich klage vor Euch die Klage beleidigter Menschheit:

     »Drey Jahrhunderte sind's , da kam aus Aisens Reichen?
»Ein Despot herüber zu uns! Despoten gehören
»Über das Meer, nach Asien hin! Ihr Fürsten Europa's
»Ihr seyd freier Lande Beherrscher, und duldet nicht Knechtschaft!
»Das ist Ehre für Euch! und das Eu'r Segen von Himmel!
»Darum hebt sich Europa vor seinen Schwestern! und darum
»Seyd ihr die Ersten der Erde! Was soll der fremde Tyrann denn,
»Der Europa beschimpft, in eurer Mitte sich brüsten?
»Hält er der Länder schönstes nicht hart in tyrannischen Fesseln?
»Griechenland, die Zierde der Welt, wo in glücklichem Boden
»Jegliche Wissenschaft und jede der Künst' einst blühte?
»Nennt mir die Wissenschaft, und sagt mir, welche der Künste
»Jetzt in diesem Land', ihr Kenner der Völker, noch blühet?
»Alle zu Boden getreten! Barbaren, mit trorziger Stirne,
»Schwärmen über dem Staube Homers und Socrates Staube,
»Und entweihen die Stätte, wo Plato, Xenophon, Pindar
»Ruhm! denn sie hassen das Licht! Zur Menshfreuerin wurde
»Religion von Himmel gesandt; sie sollte vertraulich
»Unter uns wandeln und uns auf allen Wegen begleiten;
»Aber dürfen sie reden von ihr? das dürfen sie nimmer!
»Sendet der große Tyrann nicht hundert kleine Tyrannen
»In die Provinzen umher? Und saugt nicht jeder das Volk aus?
»Wird nicht Alles, was sie mit eisernen Stabe beherrschen,
»Wüst und menschenleer? und rotten nicht jeglichen Fleiß sie
»Tief mit der Wurzel aus? Verlässt nicht selber der Landmann
»Ungebaut das Erbe der Väter, weil hungrige Geier
»Ringsrum das Erbe der Väter, weil hungrige Geier
»Ringsum lauren, den kleinsten Gewinn der schwitzenden Arbeit
»Aus der Hand ihm zu reißen? Die Unterdrückung des Pflügers
»Rächt der Hunger alsdann; und völkerverheerende Seuchen
»Folgem dem Hunger nach, das alle Küsten und Hafen
»Angst und Schrecken füllt vor ihren verpesteten Schiffen,
»Und der menschenernährende Handel, den traurigen Strand flieht!
»Aber im Innern des Reichs wächst dann der Mangel! Verzweiflung
»Und Empörung mit ihm! Das sahn die fremden Despoten
»Oft schon, dennoch sind sie vom Sehn nicht weiser geworden!
»Aber den Mann, des Brod alsdann auf der prüfenden Waage
»Leicht befunden wird, den hängei sei hoch an den Würgepfahl,
»Dass da sehe, wer will, wie gerecht sie die Völker beherrschen!
»Und, wenn einer der kleinen Tyrannen im Lande zu reich wird,
»Sendet der große Tyrann ihm einen seidenen Strang zu,
»Würgt den Mann und nimmt ihm sein Geld! des Erschlagenen Kopf dann
»Steckt er vor seinem Weiberpallast dem gaffenden Volk auf,
»Dass da sehe, wer will, wie hart er Frevler bestrafe! - -
»Fürsten! gerechtere Fürsten! die ihr Europa beherrschet,
»Dünkt die Gefahr euch gering, Tyrannen ähnlich zu scheinen?
»Duldet ihn drum nicht länger! Und zwingt ihn menschlich zu werden!
»Will er aber das nicht, so jagt mit siegenden Waffen
»Aus Europa den Frevler hinweg, nach Asiens Fluren,
»Oder des brennenden Libyens Sand! Da herrschen Tyrannen!«

     Aber, o Reinhold, lass die Fürsten regieren, und kümmere
Du dich nicht um Frieden und Krieg, es denken und sprechen,
Was sie wollen, die Weisen; die Fürsten - thun, was sie wollen!
Wende dein Auge hinweg von Scenen des menschlichen Elends;
Viel noch sihest du hier und dort! - Theresens Erzeugter,
Siehe, du fand'st und glaubtest kaum der traurigen Wahrheit!
Fandst im christlichen Land, auf Ungerns lachenden Fluren,
Kanibalen, zu Tigern herabgewürdigt Menschen! -
Stolze Britannier träumen noch immer von höherer Weisheit
Ihres Vaterlandes; und wirklich, sie haben aks Freie
Keinen Frager im Thor, allein auf den Wegen zum Thore
Hundert lauernde Räuber, unausgerottete Wölfe,
Dass der arme Wandrer nicht weiß, ob er seine Geliebten
Wieder umarmen wird! - Doch wende von trüben Gedanken
Endlich dich ab, mein Geist! nd preise lieber im Liede
Völker, die, jüngst noch Barbaren und Feinde der eigenen Wohlfahrt,
Zu der Weisheit Freuden, zu Menschenliebe sich bilden!

     Also bildest du dich, Europa's Völer zu ehren,
Unter deinen Solon, Sarmatien! - Lange verachtet,
Sahst auch du in deinem Innern den Gräul der Verwüstung!
Wilder Empörung Gräuel, und missverstandener Freiheit!
Stellten sich deine Edlen nicht selbst an die Spitze von Räubern,
Die, verschworen mit schrecklichem Schwur, die Provinzen durchzogen,
Alle Macht und Gewalt, Gesetz' und Rechte verhöhnten,
Nichts verschonten, und nichts auf Erden Heiliges kannten!
Also warst du vor wenigen Jahren! - Und siehe, du lerntest
Bessre Freiheit nun und der Weisheit bessere kennen!
Sitzue der Wissenschaft entstehen! Dein König ist selber
Freund der Musen und ihrer Freunde! Beglückende Freiheit
Ist für einzelne Stolze nicht mehr ein trauriges Vorrecht,
Für kein Heer von kleinen Tyrannen; der letzte des Volkes
Unter Gesetzesschutz, soll ihrer Freunden genießen!
Friedlich, so oft sie Gesetz und alte Sitte herbeiruft,
Kommen die Edlen des Reichs um ihren König zusammen!
Seines Glaubens zu leben, und frei dem gotte zu dienen,
Der auf alle Menschen, mit gleichem Erbarmen herabschaut,
Ist nun heiliges Recht für jeden! - - Und Wonne für Reinhold
Ist's in den Ländern umher des alten Betrugs und Verderbens
Eine Spur nach der andern verschwinden zu sehen! Was sollen,
Wenn ihr Evangelium hört, o Brüder, was sollen
Ausgezogene Schwerter alsdann in den Händen der Christen?

Steckt, o Brüder, das Schwert in seine Scheide!
Fürsten brauchen es wohl, das Land zu schützen;
     Aber freut euch, die Wahrheit
          Schützet im Himmel der Ewige stelbst!

Keine Waffen, wie die, sie auszubreiten
Will die Lehre des großen Menschenfreundes!
     Blutvergießende Schwerter
          Halten im Wege die Wahrheit auf!

Liebe, kennt ihr ihn nicht? war Jesus Christus!
Liebe, Liebe befiehlt er seinen Jüngern!
     Lieb' und Weisheit allein sind
          Waffen für Wahrheitvertheidigers Hand!

Ehrt den redlichen Eifer eurer Väter!
Aber wählet zum Ziel die Bessern Wege!
     Steckt das Schwert in die Scheide,
          Bis euch der Führer, am Tage der Schlacht,

Oder, wo ihr euch übt, die Schlacht zu lernen,
Es zu schwingen gebeut! Wer will euch euer
     Evangelium rauben?
          Oder wen wollt ihr, mit drohenden Blick;

Und mit blutiger Faust, zu glauben zwingen!
Brüder, freuet euch mit! Sie sind vorüber,
     Jene Zeiten des Unglücks,
          Als man mit Flammen den Glauben erzwang!

Nur wer willig und frei die Wahrheit Gottes
Lernt, und ihre Gebote freudig ausübt,
     Ist des Himmels Geliebter!
          Aber, o Brüder, ihr hindert euch selbst!

Vor dem Schwirren der ausgezognen Säbel,
Vor dem Blinken des Stahls zerstriebt das hohe
     Evangelium fruchtlos
          Weg vor den Ohren der Hörer in Luft!

Auch Sueonia, du bist weiter geworden, und duldest
Freundlich in deinen Gefilden den Mann von anderem Glauben.
Nicht der Römling nur ist herrisch; von Stolze geblendet,
Glauben Andr' auch gern, die ersten Freunde des Himmels
Unter den Menschen zu seyn! So forderte Gustav Duldung,
Mit ihm jeder Edle des Reichs; die Priester nur wähnen
Ihre Rechte gekränkt. Doch siegten die Rechte der Menschheit. -
Das auch steht in des Schicksals Buch: Es nahen die Zeiten,
Wo der Richter nicht mehr zum Blutgerüste verdammet,
Und den herrschenden Übel im Lande doch - sicherer zu steuern,
Tausend Wege sieht! Auch diese kommende Weishheit
Nährest, Gustav, du den sehnlich harrenden Völker! -

Früher dennoch war schon das Gesetz der heiligen Duldung
Und der lebenschönenden Strafe den Reichen gegeben,
Die Katharina beherrscht. Die menschenbeglückende Weisheit
Sitzt mit Ihr auf dem Thron. Drum Fürstin Rutheniens, werden
Wie aus Wolken der Thau, die neuen Menschengeschlechter
Deinen Provinzen geboren, und ihre Flüssebekränzen
Sich mit Städten und Dörfern, und deine geöffneten Hafen
Wimmeln von Schiffen, die kommen und gehen. - Mit gerechter Verehrung
Preiset dich, Peter, dein Volk! und ehret der künftigen Größe
Schöpfer in dir! Du kämpfst dich durch und rissest Barbaren
Aus der Wildheit Fesseln! Von schroffen Felsen zu Felsen
Klimmtest du freudig auf, und sieh, wo da gingst durch die Wildniß
Ebnete sich allmälig dein Weg zu frohen Gefilden.
Großer Bedeutung voll, steht so, Ruthniens Vater,
Auf dem Felsen dein Bild. Katharina, deiner Verdienste
Hohe Folgerien, weiht' es dir! Der jubel des Volkes
Tönt in die Luft, als plötzlich der ringsumhüllende Vorrang
Fiel, und von Aller, und von Aller Augen gesehn, der Herrliche dastand!
Peter's und Katharina's Name, euch nannte der Freude
Jauchzender Ruf, und, Sohn der großen Beherrscherin, deinen!
Siehe, du eilst umher, gleich deinem, erhabenen Ahnherrn,
Menschenstädte zu sehn und Stiten der Völker zu lernen;
Darum hoffen die Völker von dir! Sie wissen, du kehrest
Lieber in Hütten ein, um wahre Menschen zu finden,
Als im Gepränge der Stadt zu sehn wird gesehen zu werden!
Darum hoffen sie alle von dir, die gesammelte Weisheit
Einst in Thaten verwandelt, und deines gepriesenen Ahnherren,
Und der weiseherrschenden Mutter dich ähnlich zu schauen!

     Aber ende, Gesang, und preise den König des Himmels
Für Genuss und Hoffnung jegliches besseren Fürsten,
Der die Völker beglück, die seinem Zepter gehorchen!
Send' in ihre Herzen dein Licht, o Quelle der Wahrheit,
Dass sie heller erkennen: nicht jener vergängliche Schimmer
Der den Thronen und Weisen umgiebt, und und im Tode verschwindet,
Nein, nur Macht, die Weisheit lenkt, durch Liebe gemäßigt,
Mache sie unter den Menschen zu deinem erhabenen Bilde! -


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03