Das System der Rechtslehre

von Johann Gottfried Fichte.

Zweiter Teil

Drittes Kapitel

Erster Abschnitt

Vom Zins.

Als Einleitung in die beiden Hauptabschnitte vom Eigentums- und Bürgerrechtsvertrag

An dieser Stelle, wo sie am verständlichsten ist, wollen wir als eine bloße Nebenbemerkung die Lehre vom Zins abhandeln. Der Unternehmer einer solchen Arbeit, die unmittelbar gar keinen Nutzen, späterhin aber einen großen Gewinn verspricht, hat kein Geld, bis dahin andre Kräfte, die er dafür in Bewegung setzen will, zu erhalten, und wendet sich an einen Andern, der Geld hat, dessen er selbst zu keinem Unternehmen bedarf, (das ihm müßig im Kasten liegt). So muss der Fall sein, oder ähnlich, wie z.B. man dem Studierenden oder Lehrlinge borgt. Aber bloß zum Verzehren kann man wohl schenken, aber nicht leihen. Wenn er dieses Unternehmen ausgeführt haben wird, was wird das Resultat sein? Er wird mit sehr großem Vorteile arbeiten, mit wenig Arbeit verhältnismäßig sehr viel Arbeitsprodukt hervorbringen; weil er sich eine Naturkraft unterworfen hat. Wird ihm dieser Gewinn im Staate bleiben? Fürs Erste, ohne Zweifel; (was späterhin einmal wohl erfolgen könne, werden wir zu seiner Zeit sehen). Denn der Staat macht seine Preise nach dem gewöhnlichen Maasstabe. Ein solcher gewinnt darum durch drei Stunden Arbeit etwa acht Stunden Leben, da er eigentlich nur vier gewinnen sollte. Diese übrigen vier Stunden arbeitet die unterjochte Natur. Aus welcher Kraft? Aus dem Resultate beider, der Erfindung und des Geldes. Das Geld arbeitet: freilich nur zufolge des ihm eingesetzten Lebens der Erfindung: im Kasten war es tot. Beide arbeiten in Compagnie. Wäre es unbillig, wenn der Geldhaber sagte: was mein Geld verdient, ist mein: ich dächte, wir teilten die gewonnenen vier Stunden; zwei behalte für deine Erfindung, zwei gib mir ab für mein Geld? Ich dächte, nicht. Diese zwei Stunden also wären sein Zins. Also

1) Zins ist rechtlich.

2) Es lässt sich kein Maßstab desselben vorschreiben.

Doch will ich dem Kapitalisten raten, das Kapital nicht etwa zu einem eisernen zu machen, und auf ewigen Zins zu rechnen, sondern es zu rechter Zeit wieder zurückzufordern: außerdem wird es ihm in Nichts zergehen, und er um beides, Kapital und Zinsen, kommen, aus folgendem Grunde:

Die dadurch gewonnene Verbesserung wird von Andern nachgemacht werden; dadurch wird die Sache immer leichter werden, bis sie zuletzt das Gewöhnliche und der Grundmaßstab wird. Dann geht sie in die Grundberechnung der Preise mit ein, und es wird dadurch für den Einzelnen Nichts mehr gewonnen: das Privatkapital, und der dadurch errungene Privat- und abgesonderte Wohlstand ist aufgenommen in dem Allgemeinen. So soll es sein. (Z.B. urbar gemachtes Land aus Morästen muss freilich auf eine Zeitlang von der Abgabe befreit werden, um dadurch die Erfindung und die aufgewandte Arbeit, das Kapital, zu ersetzen: das hat einen Durchschnitt, der sich etwa berechnen lässt, und welcher, nach dem Maßstabe, ob es noch mehr oder minder unbearbeitetes Land im Umkreise des Staatsgebietes gibt, und darum die Bearbeitung aufzumuntern ist, höher oder niedriger gesetzt wird. Nur durch diese Abgaben-Freiheit wird ihm der höhere Preis seiner Arbeit gewonnen. Nach Ablauf dieser Zeit tritt es - auch dies kann auf einmal geschehen, oder allmählich - in die allgemeine Bedingung aller Ländereien ein, und nun ist der Gewinn wieder gleich. So Kunstarbeiten mit Maschinen, von denen oben gemeldet ist. Aber allmählich wird die Erfindung verbreitet. Es muss sogar verboten werden, diese Kunst anders, als mit Maschinen zu treiben, und der, welcher derselben sich nicht bedient, geht ein und stirbt ab. Von nun an sind die Preise nach dieser Berechnung zu bestimmen).

In Summa: ein Privat-Kapital, das durch sein Arbeiten ein Privatvermögen wird, geht nach einer Zeitfrist über in das öffentliche Vermögen, wo denn das Privat-Kapital an einem andren Orte wieder denselben Kreislauf vollbringen mag.


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