Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands

Die Poesie der modernen Religionsphilosophie Teil 6

Andere Verstandesdichter von unvergleichlich geringerem Range, wie Feßler und Tiedge, machten gar den unmöglichen Versuch, die ganze Kantsche Philosophie auf den Parnaß zu schleppen. Das stehende Programm zu Feßlers zahlreichen Romanen (Mark Aurel, Themistokles, Aristides, Attila usw.) ist »die Verbindung der empirisch-psychologischen Wahrheit mit dem intellektuellen Interesse, das richtige Verhältnis der ästhetischen Ideen zu den praktischen Vernunftideen«. Kant  hatte mit der bewunderungswürdigen Einsicht und Selbstbeherrschung eines Weisen seinen praktischen Vernunftideen nur bis zu jener Grenze Macht gegeben, wo das Reich des Übernatürlichen beginnt, dessen geheimnisvoller Ausdruck die Religion ist. Aber Feßler weiß es besser, indem er, die Grenze ignorierend, zunächst menschliche Vernunft und Tugend identifiziert und dann auf diesem Boden einer natürlichen Tugend wohlgemut Religion macht, welche eben der »reine, durch die Vernunft verfeinerte Genuß der Gaben der Natur« sein soll. Und aus dieser Fusion ergibt sich denn auch das Erstaunliche, daß seine antiken Helden, über die Vorurteile jeder positiven Religion hoch erhaben, sämtlich wahre Tugendusen sind. – Bei weitem feiner und eleganter, als in diesen schwerfälligen Romanen, tritt die Kantsche Philosophie in Tiedges »Urania« auf, wo sie in Frack und Glacéhandschuhen vor einem gemischten Publikum aus den gebildeten Ständen über Gott, Wahrheit, Unsterblichkeit, Tugend, Freiheit und Wiedersehen so rührende Vorlesungen hält, daß wohl noch heutzutage viele Damen darüber heilige Tränen »süßen Wähnens« »und hohen Ahnens« vergießen.

Diesem graziösen Kantianer wollen wir hier den ungraziösesten aller deutschen Dichter: Johann Heinrich Voß, mit wenigen Worten gegenüberstellen. Auch Voß zerarbeitete sich im Schweiß seines Angesichts ganz ehrlich an der fatalen Nützlichkeitstheorie, aber nicht, wie Wieland getan, für die hohe Aristokratie, sondern demokratisch nach der unteren Schicht der Gesellschaft hin. Ja, er wollte sich einst in allem Ernste in Baden als »Landdichter« anstellen lassen, um die Sitten des Volks zu bessern, die Freude eines unschuldigen Gesanges auszubreiten, jede Einrichtung des Staats durch seine Lieder zu unterstützen und besonders dem verachteten Landmann feinere Begriffe und ein regeres Gefühl seiner Würde beizubringen. Unter diesen feineren Begriffen war natürlicherweise vorzüglich auch eine vernünftige Religion gemeint, denn »Gut handeln ist schlechterdings die einzige Religion; und die wahren Antriebe, gut zu handeln, finden sich, wenn wir nicht frömmelnd sophistisieren wollen, in unserer Glaubenslehre nur insofern, als sie Lehre der gesunden Vernunft ist.« Also wieder eben nur das bis zur völligen Verschwindsucht purifizierte Christentum Nicolais, dessen handfestester Schildknapp Voß überhaupt in jeder Beziehung war. Wie Nicolai proklamierte er in Religionssachen zudringlich überall unbedingte Denkfreiheit, und warf sich doch zum Großinquisitor Deutschlands auf, indem er seinen Heidelberger Kollegen Creuzer und vor allen seinen Jugendfreund und großmütigen Wohltäter Stolberg, weil dieser sich anders zu denken unterstand, mit heimtückischer Roheit bis in das Innerste des Hauses, des Familienlebens und des Herzens verfolgte, um ihn, da kein Scheiterhaufen mehr zu Gebote steht, moralisch zu morden. Wäre es nicht erlogen, was die Nicolaiten noch heut der blödsinnigen Menge beständig einreden wollen: daß bei den Jesuiten der Zweck die infamsten Mittel heilige, so war hiernach Voß selbst unstreitig der ausgemachteste Jesuit. Jedenfalls aber ist er der Großmeister des weitverzweigten Philisterordens deutscher Zunge. Ein kleinliches Jugendleben voll minuziöser Hemmungen und Quälereien, deren mühselige Überwindung ihm eine große Meinung von sich selbst und dem von Natur schon herben Landwein eine ganz ungenießbare Säure gab, hatte ihn allmählich zum eigentlichen Kleinstädter unserer Literatur gemacht. Daher diese eigensinnige, selbstgefällige Borniertheit, welche ihren Hühnerhof und Kohlgarten für die Welt hält, der politische Aberglaube, der hinter allen Hollunderbüschen lauernde Jesuiten wittert, dieser langverhaltene Ingrimm des »sassischen Bauern« (wie Görres ihn nennt), der sich von der vornehmen Erscheinung der gräflichen Freunde unwillkürlich gedemütigt fühlt und nun die eigene Plumpheit dem Aristokratismus zur Sünde anrechnet, jene fanatische Intoleranz, welche eine bloße spießbürgerliche Ehrbarkeit als die alleinseligmachende Religion proklamiert, denn

»Der Kelt und Griech und HottentottVerehren kindlich einen Gott.«

So wühlt er in philisterhaftem Mißverständnis der Natur, von der ihn nur das Knollige anspricht, sich immer behaglicher in die platteste Wirklichkeit hinein, dichtet Pferdeknechtsidyllen usw. und scheitert endlich fast komisch an dem verzweifelten Versuche, den deutschen Michel poetisch darzustellen. Sehr treffend sagt daher Schlegel in den kritischen Schriften von ihm: »Er hatte eine ganz einzige Gabe, die: jede Sache, die er verfocht, auch die beste, durch seine Persönlichkeit unliebenswürdig zu machen. Er pries die Milde mit Bitterkeit, die Duldung mit Verfolgungseifer, den Bürgersinn wie ein Kleinstädter, die Denkfreiheit wie ein Gefängniswärter.«

Gegen die Epidemie der sentimentalen Mondsucht war allerdings der altkluge Verstand recht auf seinem Platz und hat auch mit Not- und Hülfsbüchlein und zahllosen Kinderschriften, an denen sich freilich im Grunde nur kindisch gewordene Alte erbauten, Erstaunliches geleistet. Nachdem er jedoch solchergestalt alle Verhältnisse gehörig ausgenüchtert und vor allem das Christentum durch das Medium des Rationalismus auf bloße bare Moral gesetzt hatte, so entstand hieraus eine zweite Kalamität: die Prosa der Tugend, welche wiederum durch ihre enorme Langweiligkeit ihren notwendigen Gegensatz, die Frivolität, hervorrief.

Beide Richtungen fanden ihre Vertreter in Iffland und in Kotzebue.

Iffland schwankte in seiner Jugend lange zwischen Kanzel und Theater; eine Wahl, die eben nicht viel Qual machen konnte. Denn das Theater rivalisierte damals sehr glücklich mit der Kirche, beide sollten bloße Sittenschulen sein, und Schiller selbst erklärte die Aufgabe der Schaubühne für eine religiöse, während viele Prediger Schillersche Sentenzen von der Kanzel paraphrasierten und in einigen Kirchen die Baßarie aus der Zauberflöte »In diesen heil'gen Hallen etc.« als Osterlied gesungen wurde. – Der Schatten Shakespeares, den die Kraftgenies, freilich etwas lärmend, heraufbeschworen, war unerkannt und unverstanden über die Bretter geschritten. Das vom trockenen Verstand geschulte todmatte Publikum hatte kein Auge mehr dafür, »wie der Herr in Blitzen schreibt die Weltgeschichte«, kein Herz mehr für die tiefe Naturwahrheit und Unmittelbarkeit in Lust und Schmerz, weder für die wahre Tragödie noch für das wahre Lustspiel. In dieser Not, da mit dem Mangel der Heißhunger stieg, mußte wohl für die Armut anderweit gesorgt werden. Iffland, ein echtes Kind seiner Zeit, stieg daher genügsam in die ordinären Visiten-, Arbeits- und Wochenstuben des Mittelstandes hinab, um dort zu predigen. Der Text ist die Religion des »guten Herzens«, jenes Wielandschen liebenswürdigen Dinges, das gar zu allerliebst ist, um nicht alle Sünden wiedergutzumachen, ja durch seine Gemütlichkeit Gott selber bis zu Tränen zu rühren. Da sehen wir denn anstatt der Welt, welche die Bretter bedeuten sollen, die Privatseligkeit des Familienzirkels, anstatt der Helden biedere Amtleute und Förster, verruchte Hofräte und Geheimsekretäre nebst einem obligaten Liebespaar aus dem Stamm der Zähregießen; anstatt des Schicksals einen edlen Fürsten, der im letzten Akt großmütig in die Tasche greift und mit einer Hand voll Dukaten die ganze Misere glücklich wendet. Und dennoch, weil es Iffland nur um Belehrung zu tun war, sind seine Bühnengestalten nicht etwa wirkliche Menschen, sondern bloße abstrakte Charaktermasken ausbündiger Vortrefflichkeit oder Niedertracht, wie sie nie und nirgend vorhanden, mit einer oft wunderlich verdrehten Tugendlichkeit: Verbrecher aus Ehre, Deserteure aus Kindesliebe usw. Über den ganzen moralischen Salm aber goß er in der dürren Zeit reichlich das Lavendelwasser der sentimentalen Empfindsamkeit; und so florierte in Deutschland das bürgerliche Rührspiel, oder die Iffländerei, wie es später die Romantiker nannten.

Diesem Jean qui pleure konnte natürlich ein Jean qui rit nicht fehlen. Kotzebue blieb es vorbehalten, das letzte Stadium der Verstandesdichtung zu erreichen, indem er die allgemeine Indifferenz, welche der gewissenhafte Iffland noch mit der älteren Bildung zu vermitteln gestrebt, frech emanzipierte. Das Charakteristische der Kotzebueliteratur ist eben die konventionelle Charakterlosigkeit, eine Blasiertheit, die alles, was sie nicht begreift oder was sie geniert, vornehm verlacht. Schon früher wohl hatte man mit deutscher Plumpheit, aber immer noch mit einem gewissen Anstrich von Idealität, ähnliches versucht; Kotzebue aber war der erste, der es schamlos und prinzipienmäßig sich zur Aufgabe machte, alle sittlichen Mächte des Lebens, Religion, Ehre, Vaterlandsliebe, als altmodische Träumerei und Hirngespinst, zur Zielscheibe frivolen Witzes öffentlich an den Pranger zu stellen, und dafür einen glatten weltmännischen Nihilismus als das allein Verständige und Gentile zur Herrschaft zu bringen. Wo er aus dieser Rolle fällt – was ihm, bei den schon damals auftauchenden, ernsteren Richtungen, aus rivalisierender Eitelkeit zuweilen begegnete –, wo er, sagen wir, naiv oder pathetisch sein will, wird er völlig dumm und abgeschmackt, wie z.B. in der Gurli oder in Rollas Tod. Mit desto größerem Geschick, ja boshaftem Instinkt, wußte er dagegen in seinen eigentlichen Kotzebueaden die schlummernden Sünden und Schwachheiten der Nation gegen ihre Tugenden aufzurufen, einzig durch die perfide Eskamotage, womit er diese lächerlich und jene liebenswürdig darstellte, den Unglauben durch aufgeblasenes Weltbürgertum, Diebstahl durch zärtliche Familiensorge, Lüderlichkeit durch ein sogenanntes gutes Herz, gefallene Mädchen durch leichtfertige Tränen gar preiswürdig zu Ehren und unter die Haube brachte. Und einen solchen Mann schämte sich das damalige Deutschland nicht zu seinem Theaterkönig auszurufen! Nicht weniger als zweihundertelf seiner Stücke wurden auf allen Theatern stürmisch beklatscht, die begeisterten Damen trugen Eulaliahauben, die Männer übersetzten ihn atemlos in alle Sprachen; kaum noch fanden burschikosere Spätlinge Raum genug, in Götzens Rüstung ungeschickt über die Bühne zu stolpern, während man in den zerfallenen Ruinen der deutschen Poesie dazwischen einige melancholische Grillen, wie Matthisson, Salis und andere verloren zirpen hörte.

So trostlos standen im allgemeinen die Sachen in dem letzten Dezennium des vorigen Jahrhunderts. Denn Goethe und Schiller, nachdem letzterer in den Räubern, im Fiesco und in Kabale und Liebe seinerseits die Genieseuche der Starkgeister gebüßt, beide, überdem soeben in wissenschaftlichen Studien befangen, schwiegen eine geraume Zeit, um sich zu neuem Anlauf zusammenzufassen. Aber die Langeweile, wie sie diese Stagnation notwendig über Deutschland verbreiten mußte, ist stets das unerträglichste aller Übel. Um ihr zu entgehen, entstand daher bei reicher begabten Geistern eine andere Art, die Zeit zu betrachten und darzustellen, nämlich die humoristische, indem der Gegenwart ein poetischer Vexierspiegel vorgehalten wird, in welchem dieselben Züge durch ihre kühn verwechselte und veränderte Kombination auf einmal überraschend fremd und neu erscheinen. Der Humor ist durchaus ein modernes Erzeugnis, das die Reformation zwar nicht geschaffen (denn er ist von jeher tief in der menschlichen Natur begründet), ihn aber erst zur vollen Geltung und Gestaltung herausgebildet hat. Denn er ist eben nichts anderes als das erwachende wehmütige Gefühl von der Unzulänglichkeit der innersten Zustände; der seine eigene usurpierte Alleinherrschaft verspottende Verstand, eine Art von Weltschmerz, der das Leben der Gegenwart nicht als ein abgeschlossenes Bild, sondern in seinen Widersprüchen und Dissonanzen auffaßt und mit der wachsenden Unruhe, Verwirrung und Trostlosigkeit sich in unseren Tagen bis zur modernen Zerrissenheit gesteigert hat.

Schon durch Hamanns Schriften, wie wir oben gesehen, blitzen häufig humoristische Streiflichter, die aber in ihrer Vereinzelung nur noch als Bizarrerie erscheinen. Unsere eigentlichen Humoristiker dagegen sind Hippel und Jean Paul; und bei beiden ist es, wie es bei wahrhaften Dichtern nicht anders sein kann, wiederum das Tiefste im Menschenleben, das sie aufregt: der Konflikt des religiösen Gefühls mit dem Rationalismus bei Hippel, mit der humanistischen Weltanschauung bei Jean Paul.

In Hippel stehen zwei feindliche Naturen: die religiöse und skeptische, dicht beisammen und ringen wacker und auf Tod und Leben miteinander. Er hat ein tiefes Gefühl des Christentums, aber den Glauben nicht. In seinem Romane: »Lebensläufe nach aufsteigender Linie« (1778) wird die Offenbarung, nach Lessings Hypothese, als ein bloßes moralisches Erziehungswerk des Menschengeschlechts dargestellt, das von dem »Menschenfreunde« Christus großartig, aber vergeblich versucht wurde und daher nun von der dadurch emanzipierten menschlichen Vernunft fortgesetzt und vollendet werden soll. Denn »es liegt alles in uns – die Gottheit kann sich Menschen nicht anders als durch Menschen offenbaren – erhabene große Menschen sendet Gott zu Menschen, um ihnen zu sagen, was sie gleich alle wissen, wenn es ihnen nur gesagt wird. Wir sind alles und nichts. Das Licht der Vernunft, das in uns ist, muß angezündet werden, sonst bleiben wir beständig Kinder der Finsternis.« Allein die Personen, denen in dem Romane diese angezündete Fackel anvertraut ist, wie der »Professor Großvater« (Kant), Herr von G., der Pastor etc., dürfen gelegentlich für witzigen, oft tödlich verwundenden Spott nicht sorgen; und der eigentliche Held des Romans, d.i. der Autor selbst, rennt mit seinem christlichen Heimweh und Gedankenfluge beständig gegen sein eigenes System an, was ein ganz eigentümliches, fast tragisches Schauspiel gibt. In seinem Romane: »Kreuz- und Querzüge des Ritters A-Z« (1793) dagegen sucht der jugendlich schwärmerische Ritter eine unsichtbare Kirche, glaubt sie in der Freimaurerei glücklich gefunden zu haben, kommt aber in dem Weisheitstempel zuletzt nur an einen ungeheueren Vorhang, »der leider alles und hinter dem nichts ist«. Ja, diese Doppelgängerei zieht sich wunderlich durch des Dichters eignen Lebenslauf, der unausgesetzt zwischen Weltlichkeit und geistiger Asketik schwankt, und seinen Zeitgenossen und Freunden selbst ein psychologisches Rätsel geblieben ist.

In größeren Dimensionen zeigt sich der Konflikt bei Jean Paul (Friedrich Richter). Jean Paul ist der ewige Jüngling unter unsern Dichtern, ein Jüngling bis in das Greisenalter, mit seinen überschwenglichen Hoffnungen, Freuden und Schmerzen und den prächtigen Träumen von Tugend, Freundschaft und Weltbürgertum. Nun denke man sich einen solchen Jüngling der gemeinen Wirklichkeit gegenüber, und man hat den ganzen Inhalt seiner Romane, die nur durch zufällig veränderte Szenerie voneinander verschieden sind. Überall ist es der Stoß jenes jugendlichen Idealismus gegen die wirkliche Welt; im »Titan« und »Hesperus« gegen die große moralische Lüge der sozialen Bildung, im »Siebenkäs« und »Fibel« gegen die bittere Not der Armut, welcher er tröstlich zuruft: »Mit Freuden darbt, hungert, dürstet jeder vor der Tür einer Silberkammer, wenn er weiß: sie tut sich ihm auf nach wenigen Tagen. Und wenn wir die tierdumme Furcht wegwerfen – sitzt nicht jeder von uns an der Tür einer solchen Kammer?« – Er sagt selbst, er kenne nur drei Wege. »Der erste, der in die Höhe geht, ist: so weit über das Getreibe des Lebens hinauszudringen, daß man die ganze äußere Welt mit ihren Wolfgruben, Häusern und Gewitterableitern von weitem unter seinen Füßen nur wie ein eingeschrumpftes Kindergärtchen liegen sieht. Der zweite ist: gerade herabzufallen ins Gärtchen und da sich einheimisch in eine Furche einzunisten. Der dritte endlich, den ich für den schwersten und klügsten halte, ist der: mit den beiden andern zu wechseln.« Und diesen dritten Weg hat er selbst in seinen Schriften gewählt, ohne jedoch den beständigen Wechsel irgend zu vermitteln. Daher sind seine Romane, so wie die einzelnen hochangelegten Charaktere derselben, nirgend künstlerisch vollendet, sondern eben nur die Dissonanz jenes Konflikts. Da aber dieser Konflikt hierdurch nur um so greller hervortritt, so läßt der Dichter zur Erholung und Erfrischung endlich seine humoristischen Blitze durch die unerträgliche Schwüle spielen. Schon durch sein rührendes Stilleben geht überall, wie ein Lächeln durch Tränen, ein leiser ironischer Zug; aber mitten durch Wehmut und Schmerz bricht plötzlich ein erschütternder ethischer Zorn oder ein wahrhaft vernichtender Witz, scheinbar wie ein Seiltänzer über dem »kleinstädtischen Jahrhundert, an dem man gar nicht zierliche Pas, sondern gefährliche Sprünge bewundert«; eine oft Shakespearesche Melancholie des Witzes, die sich bei seinem Leibgeber Schoppe bis zum Wahnsinn steigert. Und dieses beständige Wetterleuchten wechselnder Kontraste wird noch auffallender und verwirrender durch eine weichherzige Sentimentalität, die harmlos nur vom Mondschein zu leben scheint, bei einer streitlustigen Ritterlichkeit, die überall, wo es gilt, sogleich schlagfertig und sattelfest ist. Denn was ihn von allen Humoristikern des Auslandes unterscheidet, ist eben der tiefe sittliche Ernst und Scharfsinn seines Humors, womit er, anstatt mit den Jämmerlichkeiten bloß geistreich zu spielen, gegen alle Sünde, Unbill und Gemeinheit der Zeit unerschrocken die Lanze einlegt.

Es ist aus allen diesen Vorgängen leicht ersichtlich: das positive Christentum war, unter den Gebildeten wenigstens, so gut wie abgetan. Die ebenso wissensreichen als glaubensarmen Geister mußten daher auf eine Restauration in anderem Wege, auf eine Surrogatreligion, Bedacht nehmen. So erfand man die Humanität, d.h. das in allen anarchischen Übergangszeiten geltende Recht der Selbsthülfe, wonach die Menschheit, ohne höhere Autorität, sich aus sich selber durch die bloße Kraft der eigenen Vernunft selig machen sollte. Und diese Richtung hat denn auch unserer Poesie bis auf den heutigen Tag ihren neuesten Ausdruck und Charakter gegeben.

Auch hier, wie bei allen tiefgreifenden geistigen Bewegungen, sehen wir Lessing abermals im Vordertreffen. In seinem »Nathan der Weise« wirft er ein vorläufiges Probestück dieser modernen Religion ohne Religion, gleichsam als einen Zankapfel, der orthodoxen Borniertheit mutig ins Angesicht. Es ist keineswegs etwa der gewöhnliche Indifferentismus; mit der größten Entschiedenheit vielmehr wird hier aller Nachdruck eines übermächtigen Geistes auf die sittliche Kraft im Menschen gelegt und an dieser allein die Bedeutung aller Religionen gemessen; denn die göttliche Abstammung aller positiven Religionen lasse sich nur an ihren Früchten erkennen: »ob sie vor Gott und Menschen angenehm machen«. Daher sind in dem eingeflochtenen Gleichnis von den drei Ringen Judentum, Islam und Christentum völlig gleichberechtigte Offenbarungen der Menschennatur. Ja, das Christentum mit seinen etwas verblaßten Vertretern wird hier von den leuchtenden Heldengestalten Saladins, Nathans, von dem aufgeklärten Tempelherrn und der wunderlieblichen Recha sehr fühlbar in den Hintergrund gedrängt. Eben diese geständlich polemische Färbung aber stört einigermaßen den vollen künstlerischen Eindruck dieses Meisterwerks, während dasselbe auch formell dadurch merkwürdig geworden, daß es den fünffüßigen Jambus für alle Folgezeit auf der Bühne eingeführt hat.

War nun einmal auf solche Weise alle positive Glaubensbasis weggenommen, so blieb auch in der Tat nichts anderes übrig, als an die menschliche Perfektibilität zu appellieren, an den Glauben, daß die Menschheit auch ohne übernatürliche Hülfe sich selbst erlösen, mithin zu diesem Zwecke alle ihre natürlichen Gaben und Kräfte selbständig bis ins Unendliche herausbilden könne und müsse. Und dies ist der eigentliche Grundgedanke der Humanität und dessen nähere Begründung die Lebensaufgabe Herders. Herder war der Gedankenerbe Hamanns, mit dem er auch bis an dessen Lebensende befreundet blieb; ja man möchte sagen, er stand, und zwar als der weibliche Teil, in einer geistigen Ehe mit ihm. Denn was Hamann ahnend oft ganz formlos hinwarf, hat Herder mit erwärmender Empfänglichkeit aufgenommen, nach dem Bedürfnis der Zeit formuliert und in die große Welt eingeführt. Aber weicher als Hamann, machte er hierbei der Zeit Konzessionen, die ihn dann selbst immer weiter mit fortrissen; er machte die, freilich dialektisch verknöcherte, Theologie fast bis zur Eleganz poetisch; er lehrte weniger Christentum als das allgemein Göttliche in der Menschennatur, das alle Menschen zu einer unsichtbaren, überall verbreiteten Gemeinde verbrüdern sollte, mit einem Wort: eben jene Universalreligion der Humanität, die schon an den äußersten Grenzen des Christentums steht. Dazu war dieser bedeutende Genius ganz besonders berufen durch die bewunderungswürdige Universalität seines Geistes, womit er sich in die eigentümliche Gemütslage und Vorstellungsweise jedes Volkes hineinzudenken, oder vielmehr hineinzufühlen, und alle diese verschiedenen Volksseelen mit dem allgemein Göttlichen in Beziehung zu setzen vermochte. Schon seine frühesten Schriften: »Geist der hebräischen Poesie« und »Die älteste Urkunde des Menschengeschlechts«, wiewohl noch für die göttliche Offenbarung streitend, geben in ihrer wesentlich bloß poetischen Auffassung der Propheten und Mysterien ein glänzendes Zeugnis von jenem generalisierenden Trieb und Talent. In ihrer ganzen Bedeutsamkeit und Vollendung aber tritt diese Intention in seinem berühmtesten Werke: »Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit« hervor. Er gibt uns selbst das Programm: »Gang Gottes in der Natur, die Gedanken, die der Ewige uns in der Reihe seiner Werke tätlich dargelegt hat, sie sind das heilige Buch, an dessen Charakteren ich buchstabiert habe und buchstabieren werde. Überall hat mich die große Analogie der Natur auf Wahrheiten der Religion geführt, und diesen Weg verfolgend sehen wir zuletzt das dunkelstrahlende Licht als Flamme und Sonne aufgehen. Es gibt keinen anderen Weg, und man kann ihn nicht sorgsam genug gehen.« Es ist eine geistige Ethnographie, die in allen Nationalgesichtern die allgemein menschliche Physiognomie nachzuweisen sucht ; eine Weltgeschichte aus der Vogelperspektive, wo alles Besondere verschwindet. Die Natur ist die Bibel, der perfektible Menschengeist die permanente Offenbarung, Christus durch Wort und Vorbild ein weltweiser Lehrer; das Ziel endlich eine universale Menschheitsreligion, in deren ununterbrochenen Entwicklungsgang das Christentum nur als eine zwar notwendige, aber vorübergehende Phase eingreift. So mochte er allerdings sagen: »Ob hierbei der Name Christi litaneimäßig genannt werde, ist dem Erhöheten gleichgültig. Wer Schlacken vom Golde zu unterscheiden weiß, wird sich nicht irremachen lassen und den Helden der Menschengüte, den stillesten Wohltäter seines Geschlechts in seiner Art, d.i. schweigend und nachahmend ehren. Am Namen: Christianer liegt wenig; gehe dieser unter oder bleibe. Von Schlacken gereinigt, kann seine Religion nicht anders als die Religion reiner Menschengüte, Menschenreligion heißen.« – Allein zu allen Zeiten haben immer nur wenige den hellen Blick und die sittliche Kraft Herders, um die Schlacken vom Golde zu unterscheiden; und was namentlich mehrere unserer neuen Naturforscher auf diesem angeblich einzigen Wege aus der geheimnisvollen Naturbibel herausbuchstabiert haben, ist keines wegs jene göttliche Sonne, sondern der krasse Materialismus, der nicht zu der von Herder gemeinten Humanität, sondern zur Barbarei führt.

Es ist aber überall ungerecht und daher ganz unzulässig, große Geister außerhalb ihrer Zeit, ihre Intention lediglich nach den Erfolgen beurteilen zu wollen. Erwägen wir demnach die damaligen religiösen Zustände, so müssen wir freudig anerkennen, daß, wie Lessing mit seiner verwegenen Kriegserklärung, so auch der mildere Herder durch eine erhöhete Weltansicht der orthodoxen Starrköpfigkeit sowie der pietistischen Faselei gründlich das Handwerk gelegt und sein Jahrhundert umgestimmt hat. Und mit derselben universalen Empfänglichkeit, die sein Grundwesen ausmacht, erkannte er auch das Volkslied aller Zeiten und Nationen und hat in seinen schon oben erwähnten »Stimmen der Völker« einen Ton angeschlagen, der noch bis heut durch die deutsche Poesie erfrischend fortklingt.

Systematischer gefaßt und entwickelt wurde jene Humanitätsidee durch Friedrich Heinrich Jacobi (1743–1819). Auch bei Jacobi war, wenn wir unverblendet auf den Grund sehen, eigentlich doch der Mensch selbst wieder sein eigener Gott; auch Jacobi, allem Schulzwange fremd, suchte vermittelnd an diesem Göttlichmenschlichen Kunst und Wissenschaft, Leben und Politik zu messen, zu würdigen und zu beleben. »Wahrhaft über sich«, sagt er, »erhebt den Menschen nur sein Herz, welches das eigentliche Vermögen der Idee, der nicht leeren, ist. – Der Mensch offenbart Gott, indem er mit dem Geiste sich über die Natur erhebt und kraft dieses Geistes sich ihr als eine von ihr unabhängige Macht entgegenstellt, sie bekämpft, beherrscht. – Wie der Mensch an diese ihm inwohnende, der Natur überlegene Macht in ihm lebendig glaubt, so glaubt er an Gott, er fühlt, er erfährt ihn. Wie er an diese Macht in ihm nicht glaubt, so glaubt er auch nicht an Gott; er sieht und erfährt überall nur bloß Natur, Notwendigkeit, Schicksal. – Wer von diesem Geiste getrieben wird, der ist auf dem Wege der Gottseligkeit, und es ist gleichgültig, welche Mittel der Einbildungskraft (welche äußere Gestalt der Religion) ihn auf demselben unterstützen, etwa zuerst ihn erweckten und leiteten, fortwährend ihm behülflich sind.« Denn eine Offenbarung durch äußerliche Erscheinungen, sie mögen heißen, wie sie wollen, könne sich höchstens zur inneren ursprünglichen verhalten wie Sprache zur Vernunft, und diese letztere wahre Offenbarung nur durch Gefühle, dann durch weissagendes Verlangen, dann durch Empfindungen und Gedanken erfolgen.

Diese Humaniora einer gänzlich unpositiven Religion hat Jacobi in zwei philosophischen Romanen ziemlich ungeschickt darzustellen versucht. Im »All will«, der sich hiernach seiner guten Natur überläßt, welche verlangt, daß er jede Fähigkeit in sich erwachen, jede Kraft sich regen lasse; denn dies zu verstehen, ist ihm Weisheit, und ihm zu folgen Tugend. Und im »Woldemar«, der »wie in der Mitte der Schöpfung schwebt, aufgelöst und an sich ziehend aus dem feinsten Äther eine neue Bildung«. Beide Helden haben es indes in ihren Studien nicht sonderlich weit gebracht. Allwills Weltweisheit wird an der praktischen Hausfrau Amalie zuschanden, und Woldemar schaudert zuletzt »vor dem Abgrund, an dem er noch stand: vor den Tiefen seines Herzens. Bei jeder Gelegenheit wiederholte nachher Woldemar: Wer sich auf sein Herz verläßt, ist ein Tor!«

Im Grunde aber sind Allwill und Woldemar eben niemand anderes als der Autor selbst. Denn Jacobi selbst fühlte tief das Unzureichende dieses rein subjektiven Glaubens. »Licht ist in meinem Herzen« – so klagt er – »aber sowie ich es in den Verstand bringen will, verlöscht es.« Vergebens schrieb ihm Hamann 1785: »Ich wünschte Sie so gern aus dem Labyrinth der Weltweisheit in die kindliche Einfalt des Evangeliums versetzen zu können!« – »Mit mir steht es so«, sagt Jacobi dagegen noch im Jahre 1817, »daß ich mit Falk und Twesten darüber vollkommen einig bin, daß wer die Religiosität der Väter wolle, auch die Religion der Väter wollen müsse. Wie ich aber dazu gelangen könne, diese historisch gediegene einmütige Religion der Väter zu wollen, daß sie mir auch wirklich und wahrhaft werde, das weiß ich nicht.« Daher schreibt er: »In Deine Klagen über die Unzulänglichkeit alles unseres Philosophierens stimme ich leider von Herzen ein; weiß aber doch keinen anderen Rat, als nur immer eifriger fortzuphilosophieren.«

Bei Jung-Stilling galt er für einen Deisten, bei anderen für einen Katholiken. Das Wahre ist, daß der große Zwiespalt der Zeit, den er zu vermitteln unternahm, in ihm selber unvermittelt war, daß er sich einen Glauben eingebildet, den er nicht rechtfertigen wollte und konnte, und daher einen Glauben verfocht, den er im Grunde nicht hatte, und sonach eingestehen mußte, »wie alles bei ihm auf die schwermütige Trauer über Natur des Menschen hinauslaufe«. – Er war nichts als ein bedeutsames feuriges Fragezeichen der Zeit, an die kommenden Geschlechter gerichtet, ein redlich Irrender, immerdar schwankend, aber schwankend wie die Wünschelrute nach dem verborgenen Schatze.

Der eigentliche Humanitätsdichter dagegen ist Jean Paul (Friedrich Richter, 1763–1825), dessen Persönlichkeit recht wie dazu geschaffen schien, diese Lehre poetisch zu beleben. Wir haben schon oben gesehen, wie die liebenswürdige Natur dieses Dichters mit einer hervorragenden sittlichen Kraft ausgerüstet und gegen alles Schlechte gewendet war. Hiernach durfte grade er vor allen anderen wohl von der Gewalt dieser menschlichen Anlage eine hohe Meinung und jenes starke Gefühl haben, das eben die Seele der Humanitätsreligion ist. Daher stehen auch fast alle seine Romanhelden im Jünglingsalter, wo die Unschuld und Reinheit der Menschenseele noch unbefleckt in ihrer ursprünglichen Schönheit erscheint. So ist sein Emanuel im »Hesperus« ein moderner Einsiedler, der sich als ein »Gottmensch« hoch über die anderen Tier- und Pflanzenmenschen erhebt; und den exzentrischen Viktor, den die menschliche Unterjochung unter das Glück anekelt, nimmt der Tod jeden Tag einmal auf den erhabenen Arm und läßt ihn von da herunter bemerken, wie winzig alle Berge und Hügel, auch Gräber sind. Im »Titan« ist Albano, der sich selbst den Arm blutig ritzt, um leichter und weicher zu atmen, einer von jenen Paradiesvögeln, die fliegend schlafen und auf den ausgebreiteten Flügeln die unteren Erdstöße und Brandungen des Lebens verschlummern im langen schönen Traume von ihrem idealischen Mutterland. Ja selbst durch seine idyllischen Stilleben, wie im »Schulmeisterlein Wutz«, im »Quintus Fixlein«, »Siebenkäs« und »Fibel«, zieht sich jenes träumerische Verhimmeln aller Wirklichkeit. Diese Kleinbürger der Erde finden gegen alle Quälereien der Armut und Beschränktheit des Trostes übergenug in ihrer genügsamen Gemütlichkeit, ohne eines positiv religiösen Glaubens zu bedürfen. Es ist hiernach sehr begreiflich, daß diese ideale Schönmalerei vorzüglich in der stets wesentlich schwärmerischen Stimmung der deutschen Jugend so großen Anklang fand und zum Teil noch findet, wogegen seine eigentlichen Satiren (»Grönländische Prozesse«, »Auswahl aus des Teufels Papieren« etc.), da die Satire durchaus einen realen Boden verlangt, mißglückt und fast spurlos vorübergegangen sind. Sehr bezeichnend sagten die beiden Weimarschen Dichterheroen von ihm, er sei ihnen erschienen: »Wie aus dem Mond gefallen, voll herzlich guten Willens, die Dinge zu sehen, nur nicht mit dem Organe, mit dem man sieht.«

Jean Pauls großer Irrtum war, daß er jenen jugendlichen Enthusiasmus für zureichend, das sittliche Gefühl allein schon für Religion hielt. Der Mensch, meint er, wäre auf Erden eitel Spielwerk und Dunst, wenn er nicht fühlte, daß er es nicht wäre. Dieses Gefühl sei unsere Unsterblichkeit, Tugend aber Gehorsam gegen das erhabene Gesetz, das von einer Zone zur andern in jeden Busen mit gestirnten Zügen brenne. Es gebe keine andere Offenbarung als diese noch fortdauernde, und unsere ganze Orthodoxie sei, wie der Katholizismus, erst in die Evangelien hineingetragen worden und habe das Bestimmte und Lebendige in Unbestimmtes und doch Einengendes jüdischchristlicher Doktrin verwandelt. Denn wir haben alle dasselbe Herz und denselben Gott, und die edle Seele steige über religiöse Zeremonien so gut auf als über bürgerliche, um in den reinen großen Himmel der Tugend zu dringen. – Allein diese Himmelfahrt ist doch nur eine gutmütige Täuschung. Wir haben keineswegs alle dasselbe Herz; und hätten wir es wirklich, wo gäbe es wohl etwas Unbestimmteres als diese Doktrin des alleinseligmachenden menschlichen Herzens? Das fühlte auch der redliche Mann gar wohl, so sehr er sich dagegen sträubte. Daher in allen seinen Schriften die trostlose Wehmut über die Unerreichbarkeit seiner subjektiven Ideale; daher die verzweifelten Luftsprünge seines Humors, womit er über die selbstgefertigten Schlagbäume des Nationalismus hinwegzusetzen versucht. Und zuletzt muß er's selber schmerzlich eingestehen, indem er an Jacobi schreibt: »Mein Innerstes und Bestes hat jetzt nur Hoffnung und Sehnsucht des Lichts, aber keines.«

 

Die Doktrin der Humanität aber kulminiert endlich in unseren beiden größten Dichtern, in Schiller und Goethe, und wurde von ihnen, wenngleich auf verschiedenen Wegen, zum förmlichen Nationalkultus erhoben. Beide, ihrer Zeit weit überlegen, suchten die verworrene geistige Verlassenschaft in poetischer Vertiefung zusammenzufassen, um daraus eine Weltanschauung sich herauszubilden, die für Zeit und Ewigkeit Weg und Richtung gäbe; beide aber verfehlten dennoch ihr letztes Ziel.

Schiller erstrebte mit allem Ernst eines guten Gewissens die Veredelung des Menschengeschlechts durch dessen ästhetische Ausbildung, durch eine Religion der Kunst. »Verjage«, sagt er, »die Willkür, die Frivolität aus den Vergnügungen der Zeitgenossen, so wirst du sie unvermerkt aus ihren Handlungen, endlich aus ihren Gesinnungen verbannen. Wo du sie findest, umgib sie mit edlen, mit großen, mit geistreichen Formen; schließe sie ringsum mit den Symbolen des Vortrefflichen ein, bis der Schein die Wirklichkeit und die Kunst die Natur überwindet.« Denn »die Schönheit ist es, durch welche man zu der Freiheit wandert«. Die Empfindungsfähigkeit für das Schöne aber übt sich am vollkommensten an der Kunst, und »innerhalb der ästhetischen Geistesstimmung regt sich kein Bedürfnis nach jenen Trostgründen, die aus Spekulation geschöpft werden müssen; sie hat Selbständigkeit, Unendlichkeit in sich. Die gesunde und schöne Natur braucht keine Moral, kein Naturrecht – ja, sie braucht keine Gottheit, keine Unsterblichkeit, um sich zu stützen und zu halten.«

Also auch hier wieder lauter Bäume, die von selbst in den Himmel wachsen sollen; auch bei dem tugendhaften Schiller abermals, nur unter der neuen Maske der Kunst, die alte Erbsünde der Reformation: die Heiligsprechung der subjektiven Eigenmacht, die moralisch zur hochmütigen Selbsttäuschung, in der Poesie und namentlich im Drama zum falschen Ideale führt. Die antike Tragödie hat allerdings ebenfalls idealisiert, aber streng innerhalb der alten religiösen Grundanschauung. Das Menschliche wurde, wie äußerlich durch die Larve und den Kothurn, so auch geistig erhöht und verstärkt, aber der Held blieb rein menschlich und der höheren Macht über ihm unterworfen, was eben den furchtbaren tragischen Konflikt erzeugte. Und in diesem Sinne ist auch Shakespeare vollkommen antik. Die moderne Tragödie dagegen will ihren Helden zum Selbstgott machen und, als solchen, von aller göttlichen Führung emanzipieren. Das ist aber eine an sich unwahre Stellung, und weil sie eben unwahr ist, muß hier das rein Menschliche – nicht etwa, wie bei den Alten, bloß potenziert, sondern beständig erst künstlich konstruiert werden. Schiller ist der eigentliche Vater dieses modernen Ideals und sein Wahlspruch: »In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne« das bezeichnendste Motto für alle seine Schauspiele. Oder vielmehr: in Schillers eigner Brust sind die Sterne des Schicksals seiner Helden und in den letzteren nur die verschiedenen philosophischen Ansichten und Theorien, die den Meister abwechselnd bewegten, poetisch abgespiegelt. In seinen Räubern steht der Dichter noch ganz in den philosophischen Flegeljahren der Klingerschen Geniemänner und Starkgeister, die ohne weiteres sich selbst ihr Schicksal machen. In Kabale und Liebe ist es die alles gleichwaschende Sentimentalität Rousseaus, im Marquis Posa der religiöse und politische Liberalismus, der damals die Weltbeglückung übernommen; während im Wallenstein, in Maria Stuart und in der Jungfrau von Orleans bereits eine gewisse abstrakte Romantik mit hereinspielt. Überall aber die Revolution und Glorifizierung der subjektiven Allmacht; und alle Helden sind Philosophen, und alle philosophieren über sich und ihre Philosophie.

Schiller machte, nach idealer Willkür, die Poesie wie die Geschichte. In bezug auf die letztere gesteht er selbst mit der liebenswürdigen Offenheit eines ehrlich strebenden Mannes: »Ich werde immer eine schlechte Quelle für einen künftigen Geschichtsforscher sein, der das Unglück hat, sich an mich zu wenden. Aber ich werde vielleicht auf Kosten der historischen Wahrheit Leser und Hörer finden und hier und da mit jener ersten philosophischen zusammentreffen. Die Geschichte ist überhaupt nur ein Magazin für meine Phantasie; und die Gegenstände müssen sich gefallen lassen, was sie unter meinen Händen werden.« Allein dasselbe begegnete ihm, wenn auch weniger bewußt, vielleicht in noch vollerem Maße mit seinen Dichtungen. Wir meinen hier nicht die häufige Verletzung der geschichtlichen Wahrheit, wie z.B. im Don Carlos, in der Jungfrau von Orleans, sondern die der Naturwahrheit, die sich ebenso seinen vorgefaßten Theorien beugen und anbequemen mußte. Daher so oft diese abstrakten, ganz unsinnlichen Begriffsgestalten; anstatt des unmittelbaren Naturlauts jene prächtige Rhetorik, jenes über sich selbst philosophierende Sentenziöse sogar unter den Bauern im Tell; überall eine sich selbst beschauende Poesie. Und wie übelberaten auch hier diejenigen waren, die das Unglück hatten, sich an ihn zu wenden, zeigt die bis auf den heutigen Tag noch nicht abgebrochene Heeressäule von Nachahmern, die wie auf Tugendstelzen über die Weltgeschichte dahinschreiten und unsere Bühne neuerdings mit einer rein konventionellen Poesie überflutet haben. Wenn aber Schiller demungeachtet, über Goethe, der Liebling der Nation geworden (was freilich seiner Zeit auch bei Kotzebue der Fall war), so liegt der Grund darin, daß er, wie kein Dichter vor ihm, den Ton seiner Zeit anschlug, indem er den trockenen Rationalismus poetisch verherrlichte, sowie in der Macht, die jederzeit ein ernstes, ehrliches Streben und der blendende Schmuck einer schwunghaften Sprache über die Gemüter übt. Denn es ist in gewissen Zuständen der Kultur nichts unverständlicher als das Einfache.

Bei weitem umfangreicher, als Schiller, hat Goethe die Idee der Humanität aufgefaßt: nicht bloß als Erziehung des Schönheitsgefühls durch die Kunst, sondern als die harmonische Ausbildung aller menschlichen Kräfte und Anlagen, durch das Leben selbst. Er will durchaus »nach keinem Ideale springen«, sondern kämpfend und spielend seine Gefühle sich zu Fähigkeiten entwickeln lassen. Er vertraue sich daher ganz der Natur, »sie mag mit ihm schalten; sie wird ihr Werk nicht hassen; er spricht nie von ihr, sondern was er Wahres und Falsches sagte, alles hat sie gesprochen, alles ist ihre Schuld, alles ihr Verdienst; habe er einen Fehler begangen, so könnte es keiner sein; und alle Ideale Lavaters sollen ihn nicht irreführen, wahr zu sein und gut und böse wie die Natur.«

Daß bei solcher absoluten Naturwüchsigkeit alle positive Religion unmöglich oder doch wenigstens sehr überflüssig wird, leuchtet von selbst ein. Da indes über das Goethesche Christentum so viel hin und her gestritten worden, so wollen wir hier versuchen, den Inbegriff seiner religiösen Ansicht, nach seinen eigenen überall zerstreuten Bekenntnissen, in wenigen Worten zusammenzufassen. »Lebe, und du wirst leben«, ist das Hauptdogma dieser Religion; denn der Durst nach Leben, die Erkenntnis der unsterblichen Naturordnung, die Ermunterung zu rühmlichen Gedanken und Taten: nur dies allein ist Unsterblichkeit. Daher hält er das Evangelium mit seinen Wundern und Geheimnissen für Lästerungen gegen den großen Gott und seine Offenbarung in der Natur. Er findet vielmehr tausend geschriebener Blätter alter und neuer von Gott begnadigter Menschen ebenso schön und der Menschheit nützlich und unentbehrlich als die Evangelien und bemitleidet die Christomanie Lavaters, der seine ganze Kraft anwende, um ein Märchen wahr zu machen, eine hohle Kindergehirnerfindung zu vergöttern. Er gönne ihm gern dieses Glück, da er ohne dasselbe elend werden müßte; denn bei seiner Begierde, in einem Individuum alles zu genießen, sei es herrlich, daß aus alten Zeiten uns ein Bild übriggeblieben, an dem er sich bespiegeln und anbeten könne. »Nur das ist«, fährt er fort, »ungerecht und Raub, daß du alle köstlichen Federn der tausendfältigen Geflügel unter dem Himmel ausraufst, um deinen Paradiesesvogel damit zu schmücken; dies verdrießt uns, die wir als Söhne Gottes ihn in uns selbst und in allen seinen Kindern anbeten.« Ja, weil das positive Christentum das Selbstanbeten dieser Gottessöhne allerdings sehr empfindlich stört und demütiget, indem es all ihre Bildung und Fortentwicklung nicht als etwas schon Vollendetes, sondern nur als bloße Vorbereitung und Übergang zu einem höheren Dasein gelten läßt, so zählt Goethe dieses überlästige Christentum zu den ihm widerwärtigsten Dingen, gleich Tabak, Knoblauch und Hundegebell, und liebt es, sich für einen ausgemachten Heiden auszugeben. An irgend etwas müsse freilich der Mensch glauben, um nicht an sich selber zu verzweifeln; aber ob er an Christ glaube oder Götz oder Hamlet, das sei eins. Denn mit dem Glauben verhalte es sich grade umgekehrt als mit dem Wissen: es komme gar nicht darauf an, daß man wisse, sondern was man wisse, während es beim Glauben nur darauf ankomme, daß man glaube. Das Wort der Menschen ist ihm daher Wort Gottes, und mit inniger Seele falle er dem Bruder um den Hals: Moses, Prophet, Evangelist, Apostel, Spinoza oder Machiavelli.

So hatte Goethe sich ein Christentum zu seinem Privatgebrauch gebildet, das aber denn doch diesen Namen nur wie lucus a non lucendo beanspruchen kann. Wir geben gern zu, daß bei zunehmendem Alter sein Widerwille gegen das Christentum an ätzender Schärfe verloren; allein diese abgeschwächte, bloß herablassende und jedenfalls sehr zweideutige Milde konnte jenen ersten frischen Eindruck nicht mehr verwischen. Auch fühlen wir uns keineswegs zu der Anmaßung berufen, hier etwa über das Innere des Dichters für Zeit und Ewigkeit richten zu wollen; wir wollten vielmehr nur pflichtgetreu darauf aufmerksam machen, welches Evangelium er in der Blüte seiner Wirksamkeit, da er noch wirklich Goethe war, unter seinen Zeitgenossen und bis in unsere Tage herein verbreitet hat.

Und diesem Evangelium gemäß hat er denn auch seine Poesie sich eingerichtet. Sein »Werther« läßt spielend und kämpfend seine natürlichen Gefühle in der ungebundensten Freiheit sich entwickeln, und »Wilhelm Meister« geht bei der Welt in die Lehre, die ihm alle seine Anlagen zu Fähigkeiten ausbilden soll; während die humanistische Selbsterziehung in den »Wanderjahren« zu einer förmlichen Universität des Menschengeschlechts erhoben ist, zu einer allgemeinen Weltbürgerei mit dem Wahlspruch: »Wo ich nütze, ist mein Vaterland.« Hier wird anstatt der Hausfrömmigkeit eine Weltfrömmigkeit und demnach zu beliebiger Wahl gleichzeitig eine ethnische und eine philosophische Religion gelehrt, die christliche Religion dagegen, »jene Verehrung des Widerwärtigen, Verhaßten, Fliehenswerten«, dem Abiturienten zuletzt nur ausstattungsweise noch mitgegeben, damit er wisse, »wo er dergleichen zu finden habe, wenn ein solches Bedürfnis sich in ihm regen sollte«. – Allein die Zöglinge machen dieser Allerweltsschule keine sonderliche Ehre; sie führt den Werther zum Selbstmord, den Wilhelm Meister zur ökonomischen Philisterei und die Helden der »Wahlverwandtschaften« zum geistigen Ehebruch.

So ist Goethe der eigentliche Führer der modernen Kultur. Dafür hat er aber auch alle Höhen und alle Schauer und Abgründe dieser Bildung tief erkannt und in seinem »Faust« unsterblich gemacht. Faust ist ohne Zweifel nicht nur das größte Gedicht unserer Literatur, sondern zugleich die wahrhafte Tragödie der neuen Zeit: wie da der Titane das ewig Unergründliche erforschen will und in hochmütiger Ungeduld an der verschlossenen Pforte des geheimnisvollen Jenseits rüttelt, der Teufel aber dabei mit seinen entsetzlichen klugen Geisteraugen ihm beständig hohnlächelnd über die Achsel sieht und ihm von Gottgleichheit und überschwenglicher Weltlust zuflüstert und doch nichts zu geben vermag als immer neuen Hunger und Überdruß und Verzweiflung. Und doch, aus solchen schauerlichen Höhen, im zweiten Teil wieder der nüchterne Rückfall in die alte Humanitätskrankheit. Faust, den doch offenbar schon längst der Teufel geholt, erscheint hier auf einmal als völlig courfähiger Kavalier am himmlischen Hofe, Gott, dem himmlischen Hofstaate und dem vor lauter Respekt ganz dumm gewordenen Teufel mit seiner eminenten Weltbildung imponierend – eine opernartige Heiligsprechung dieser Bildung, die auf den Unbefangenen fast den Eindruck macht wie eine vornehme Umschreibung des trivialen Volkstextes: Lustig gelebt und selig gestorben.

Wir haben im Vorstehenden unumwunden den Grundirrtum der Goetheschen Poesie nachzuweisen versucht. Demungeachtet aber behaupten wir, daß er in der Richtung, welche die allgemeine Bildung der Zeit seit der Reformation genommen, unser größter Dichter ist. Goethe hat ohne Zweifel am besten erreicht, was diese vom positiven Christentum abgewandte Poesie aus sich selbst erreichen konnte: die vollendete Selbstvergötterung des emanzipierten Subjekts und der verhüllten irdischen Schönheit. Es ist durchaus ungerecht, die Virtuosität und durchsichtige Klarheit sowie die proteusartige Mannigfaltigkeit seiner Darstellung als bloßen Luxus, nur als zufälligen Schmuck betrachten zu wollen. Denn wo nun einmal durch die Ungunst der Zeiten der rechte Inhalt abhanden gekommen, tritt notwendig die Form als Hauptsache ein. Und das ist eben Goethes unübertroffene Meisterschaft, daß er uns in seinen Dichtungen ein edles, köstliches Gefäß hinterlassen hat, für immer würdig des größten Inhalts, den ihm künftige Geschlechter wieder geben möchten. Ohne tüchtige Gesinnung gibt es freilich keinen tüchtigen Dichter; aber auch die Gesinnung ist nichts ohne die tüchtige Darstellung, welche eben das Organ aller Kunst ist und ohne deren lebendige Vermittelung alle idealisierte Tugendhaftigkeit nur ein toter Begriff bleibt. Wie jämmerlich erscheinen z.B. Klinger, Iffland, Lafontaine und andere, die im Grunde dasselbe Thema wie Goethe behandeln und es gewiß herzlich gut meinen und doch nur eine fratzenhafte Karikatur des Lebens zustande bringen. Wen überrascht dagegen nicht immer wieder neu in Goethes Liedern und Romanzen die wunderbare Tiefe seines Naturgefühls? Sein Götz von Berlichingen ist, trotz vielfacher Anachronismen, wahrer und historischer als alle unsere andern historischen Trauerspiele zusammen, selbst die Schillers nicht ausgenommen. Ja, seine unmittelbar aus der Gegenwart gegriffenen Romane: Werther, Wilhelm Meister und die Wahlverwandtschaften, sind ein fortlaufendes Epos der Bildung des Jahrhunderts, ihrer Leiden und Freuden, ihrer Irrtümer und Laster. Was seinen Helden fehlt, fehlt seiner Zeit, und kann nicht dem Dichter, sondern uns zum Vorwurf gereichen; und jedenfalls wird man aus jenem historischen Romanzyklus für alle Zukunft diese Zeit besser als aus den Geschichtsbüchern studieren und verstehen können.

Es ist schon oben angedeutet worden, wie Goethe mitten unter den Geniemännern seinen Anfang genommen und gleich ihnen seine Sache auf die Natur gestellt hatte. Aber während jene nur die Titanen spielten und sich zuletzt wohlfeil genug mit der flachen Wirklichkeit abfinden ließen, hielt er ernst, stark und treu zu der Mutter, die dafür ihr Wunderkind in alle ihre Geheimnisse einweihte. Seine Poesie war und blieb eine Naturpoesie im höheren Sinne. Da ist nichts Gemachtes; in gesundem, frischem Trieb greift sie fröhlich und ahnungsreich in die schöne weite Welt hinaus, sich von allem Nektar der Erde nährend und stärkend. Sie gibt alles, was die Natur Köstliches geben kann: plastische Vollendung und sinnliche Genüge, aber sie gibt auch nicht mehr. Ihre Harmonie ist ihre Schönheit, die Schönheit ihre Religion; so wächst sie unbekümmert in steigender Metamorphose bis zur natürlichen Symbolik des Höchsten, vor dem sie scheu verstummt.

In grade entgegengesetzter Richtung, sahen wir, überschaute Schiller aus dem Empyreum der modernen Kultur und des Ideals die irdischen Dinge. Wie bei Goethe sich gleichsam alles von selbst versteht, jede seiner poetischen Gestalten, weil sie eben nicht anders kann, ihre angeborene geistige Signatur und verhüllte Idee fast wider Willen verrät, wie der Duft die Blumen oder das Auge die Seele; so sucht Schiller dagegen überall für das fertige Ideal erst den passenden Stoff, der es verkörpere.

Schiller suchte das Christentum ohne Christus, den Frieden zwischen dem Sinnlichen und Unsichtbaren ohne eine höhere Vermittelung, einzig und allein durch die selbständige sittliche Freiheit, zu welcher die Kunst den Menschen erziehen sollte, die aber auf diesem einseitigen Wege notwendig von dem ewig unbefriedigenden Konflikt zwischen Ideal und Wirklichkeit befangen bleiben mußte. – Für Goethe dagegen war dieser Konflikt nicht vorhanden. Die Natur mit ihren mannigfachen Gebilden war ihm die ganze Offenbarung und der Dichter nur der Spiegel dieser Weltseele. Allein die Natur ist in ihrem Wesen auch mystisch, als ein verhülltes Ringen nach dem Unsichtbaren über ihr. Das fühlte er, wie er sich auch sträubte, und so beschloß er, wie die Natur ihr Tagewerk mit Symbolik, so das seinige im zweiten Teil des Faust mit einer unzulänglichen Allegorie der Kirche.

Beide Dichter hatten, jeder von seiner Seite, die große Aufgabe fast bis zur Lösung geführt; es fehlte nur noch die Stimme, die es wagte, das Zauberwort auszusprechen, um die höhere Vermittlung beider Ansichten zur Erscheinung zu bringen.


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