Eulogius Schneider's ehemaligen Professors in Bonn etc. Schicksale in Frankreich.

von Christoph Friedrich Cotta

40.

Schneider schien nun für die Rachsucht seiner Feinde ganz reif zu seyn, und wurde also den 25sten Frimaire Morgens um 2 Uhr von dem Trunkenbolde Dieche aus dem Bette geholt und ihm seine Papiere mit den wenigen Kleidungsstücken seiner Schwester unter Siegel gelegt. Moucheat Departementspräsident, und einer von den thätigsten Feinden Schneiders, verrichtete dies Geschäfte. - Schneider ward in das militärische Gefängnis oder Ponte couvert gebracht. Warum? – das konnte man sich am Morgen noch lange nicht sagen.

Um 12 Uhr Mittags brachte man ihn, begleitet von einer großen Anzahl Soldaten und Gensdarmen zur Guillotine. Schon seit mehreren Stunden hatte sich eine ausserordentliche Menge Volks auf dem Platze, der seit 10 Uhr mit Soldaten bestellt war, versammelt. Man fragte sich, was die so großen Zurüstungen bedeuten sollten, und man getraute sichs nicht zu sagen, für wen sie bestimmt seyen.

An den Stuffen der Guillotine sprach er ganz kühn mit dem Offiziere der Wache, und gieng endlich eben so beherzt auf die Guillotine hinauf, schritt, sich auf allen Seiten umsehend, bis über den Korb, der vorne unter dem Mordmesser angebracht war, hervor und – nun riefen die Nationalgardisten: »herunter mit der Uniforme!« - Schneider hierdurch etwas aus seiner Fassung gebracht, rief überlaut: »Ich bin noch nicht verhört, noch nicht gerichtet« - - »Herunter mit der Uniforme!« - schrie der Haufe wieder; und nun warf er, indem er wieder von der Guillotine[1] herabstieg, den Mantel etwas unmuthig von sich, zog den blauen Nationalüberrock aus, und kehrte nun stillschweigend wieder zurück zur Guillotine, wo er sogleich neben an, mit Stricken um den Leib, pro forma angebunden ward. Unbeschrebilich war nun der Zulauf des Volkes, wovon ihn der größte Theil so sehr haßte. Wie von Sturmwinde fortgejagt, rannte man aus allen Gassen dem Paradeplatze zu, um, was jedem immer noch unglaublich schien, Schneidern an der Guillotine paradiren zu sehen. Er mogte vielleicht anfangs geglaubt haben, daß man ihn dem Tode übergeben wolle.

Die Freude des Pöbels über dies ihm gegebene Spektakel machte die Meisten auf verschiedene Tage das allgemeine Elend, das sie drückte, vergessen, um so mehr da sie glaubten, nun sey ihr ärgster Feind kraftlos und ohnmächtig genug gemacht. Allein es kam bald die Zeit, wo mehr als einer seiner Feinde im Volke sogar Schneidern zurückwünschte.

Dem Monet und Consorten wurde indessen die Freude, Schneidern einmal so weit gebracht zu haben, noch immer dadurch vereitelt, daß sie von Seiten seiner Freunde einen Aufruhr befürchteten. Allein dazu kam es glücklicherweise nicht, und hieran war wohl großentheils mit Schuld, daß man noch immer nicht wußte, warum Schneider an der Guillotine ansgestellt sey.


[1] Ad vocem Guillotine muß ich bemerken, daß es ganz falsch ist, als sey Dr. Guillotin, der Erfinder dieses Mordinstruments, unter Robespierre's Regimente, wegen Correspondenz nach Turin, mit seiner eigenen Erfindung am Leben gestraft worden; eben so falsch ist es, er sey vor Kummer über den Mißbrauch, den man mit seiner Erfindung gemacht habe, endlich gestorben. Mehrere Monate nach Robespierre's Tode lebte er noch zu Paris, und wahrscheinlich auch jetzt noch. Aehnliche Unwahrheiten, deren man in Deutschland so viel verbreitet und gedruckt hat, könnte ich noch mehrere anführen.

 


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03