Proklamation »Neapolitaner!« von König Ferdinand I. von Neapel

vom 01.05.1815.

Neapolitaner! Der Augenblick ist nun erschienen, wo ich auf meinen Thron von Neapel zurückkehre. Alles vereinigt sich, meine Schritte glücklich zu leiten. Euer einstimmiges Verlangen, ruft mich zurück. Der allgemeine Wunsch der hohen Mächte, lässt meinen Ansprüchen Gerechtigkeit widerfahren. Der feste und kraftvolle Beistand meiner erlauchten Bundesgenossen unterstützt und ermutigt mich.

Ich breche an der Spitze einer Armee auf, nicht wie Usupartorer, um misskannte Völker zu täuschen und aufzuwiegeln, oder wie Abenteurer, die durch Sturm und Schiffbruch das zu erhaschen, was die Ruhe nicht gewähren kann. Ich kehre in den Schoß meiner teuren Familie zurück. Ich komme, um ihr Trost und Frieden zu geben und das Andenken an alle vergangenen Leiden aus Ihrem Gedächtnisse zu verlöschen.

Nein! Ihr seit nicht geschaffen die Fackel des Krieges gegen diejenigen zu schwingen, die nicht eure Feinde sind. Ihr seit nicht geschaffen, euch durch jenes Trugbild von Größe zu erniedrigen, die nur aus Zerstörung und Schrecken hervorgeht. Die Geschichte Eurer Ahnen ist, höchst ruhmvoll für euch. Abkömmlinge der Brutiere der Campanier und Sammieter, müsst ihr die fremden Störer eurer Wohlfahrt und und eurer häuslichen Sicherheit zittern machten und nicht die Werkzeuge ihrer Herrschsucht oder die Schlachtopfer ihrer Gauklerspiele sein. Gute Söhne müssen nicht unter eisigen Himmelsstreichen zu Grunde gehen. Euer Vermögen, die Früchte eures Schweißes, die Erzeugnisse eures glücklichen Bodens müssen nur von euch genossen werden.

Neapolitaner! Kehrt in meine Arme zurück! Ich bin unter euch geboren. Ich kenne eure Gewohnheiten, euren Charakter, eure Gebräuche und weiß sie zu schätzen. Ich wünsche nichts sehnlicher, als euch die ausfallensten Beweise meiner väterlichen Liebe zu geben und die neue Periode meiner Regierung zur glücklichen Epoche des Wohlstandes und der wahren Wohlfahrt unsers gemeinsamen Vaterlandes zu machen. Ein einziger Tag soll die unselige Reihe von Leiden vieler Jahre verlöschen. Die heiligsten und unverletzlichen Pfänder von Mäßigung, Sanftmut, gegenseitigen Vertrauen und vollkommender Eintracht, müssen eine künftige Ruhe verbürgen.

Neapolitaner! Unterstützt mit euren Anstrengungen ein Unternehmen, das einen so großen, so gerechten, so wohltätigen Zweck zum Ziele hat, der einen Teil der gemeinschaftlichen Sache von Europa ausmacht, zu deren Verteidigung alle Völker gerüstet stehen.

Ich verspreche euch, das Niemand, ohne alle Ausnahme, wegen was immer für einer, den Pflichten der Treue gegen mich zuwiderlaufenden Handlung, die während meiner Abwesenheit aus diesem Königreiche, sowohl nach meiner ersten, als meiner zweiten Entfernung, begangen wurde, zur Mindesten Rechenschaft gezogen werden soll. Ein undurchdringlicher und ewiger Schleier verdeckt alle vergangenen Taten und Meinungen. Demzufolge versichere ich aufs feierlichste und bei meinem königlichen Worte in vollster Ausdehnung, ewige Amnestie und Vergessenheit alles Vergangenen.

Ich verspreche allen Neapolitanern und Sizilianern, welche in der neapolitanischen Land- und Seearmee dienen, allen ihren Sold, ihren Rang und ihre militärischen Ehren zu lassen, in deren Besitze sie sich jetzt befinden.

Möge es dem allermächtigsten (den ich zum Zeugen der Aufrichtigkeit und des Ernstes meiner Absichten anrufe), gefallen, den Erfolg derselben zu segnen.

Palermo, am ersten Tage des Maimonats 1815.

Ferdinand

Quelle:
Privatarchiv EPOCHE NAPOLEON


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