Brief Heinrich Dietrich von Grolmans an seinen Sohn Karl Wilhelm

vom 07.08.1813.

7 August 1813

Lieber Sohn! Deinen Brief vom 2ten August habe ich den Augenblick erhalten. Von einem früheren Briefe, dessen Datum Du nicht erwähnst, weiß ich nichts. Wir sind hier alle unzufrieden gewesen, dass Du seit dem 6ten Juni nichts hast von Dir hören lassen. Jetzt müssen wir die Schuld auf den unrichtigen Lauf der Posten schieben. Daher ist es aber auch Unrecht, dass Du niemalen schreibst, ob Du meinen Brief erhalten hast, weshalb ich Dich doch in meinem letzten Briefe ausdrücklich gebeten habe. Man hat uns hier erzählt, Barclay du Tolley und der Kaiser Alexander von. Russland hätten Dich zu ihrem Generalquartiermeister beim König ausgebeten. Dergleichen Erzählungen sind doppelt unangenehm, weil wir so selten von Dir Nachrichten erhalten, und nicht wissen, was wir davon glauben, und den Erzählern antworten sollen. Ist etwas wahres an der Erzählung, so könnte es zwar wohl möglich sein, dass Du in russische Dienste übergingst, da anjetzt für eine gemeinsame Sache gefochten wird, allein ich wünsche doch, dass Du den preußischen Dienst nicht gänzlich verlässt. Es kann eine Zeit kommen, wo Russland unserm Staat ebenso gefährlich sein kann, als anjetzt Frankreich, u. es würde mich schmerzen, wenn ich mit dem Gedanken sterben sollte, Du würdest einmal die Waffen gegen Dein Vaterland tragen.

Die verlangten Karten haben wir durch Leopold Gerlach übersandt, hoffentlich wirst Du sie anjetzt erhalten haben. Sonst musst Du sie Dir abfordern. Den gegenwärtigen Brief schicke ich Dir durch Wilhelm Gerlach, der heute abgeht. Dein Bruder steht nicht weit von Havelberg an der Elbe. Er hat den alten Feldmarschall Möllendorf gesprochen, welcher sich Deiner noch mit vieler Liebe und Freundschaft erinnert. Dass seine Frau guter Hoffnung sei, wirst Du vielleicht schon wissen. Heute ist von dem König der Befehl gekommen, dass sich das Tribunal bei dringender Gefahr entfernen soll. Ich werde nun in meinen alten Tagen wider meine Neigung noch wohl ein Flüchtling werden, da ich kein großes Zutrauen zu dem Bernadotte habe, wie Du aus meinem vorigen Briefe gesehen haben wirst. Hier ist alles, bis auf kleine Zufälle gesund. Der Himmel beschütze Dich ferner. Lass uns nicht zu lange auf die versprochenen, bestimmten Nachrichten warten.

Berlin 7 August 1813.

v. Grolman.

Quelle:
Schweinitz, Anna-Fanziska von: "Briefe aus den Befrieungskriegen - Heinrich Dietrich von Grolman an seinen Sohn Karl vom 10.07.1807 bis 06.06.1816", o.J., o.O. (Privatdruck)


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