Erklärung der polnischen Stände zur Verfassungsurkunde

vom 03.05.1791.

Alle alten und neuen Gesetze, die dieser Verfassung und irgend einem Artikel derselben widersprechen, heben wir hierdurch auf. Und die besondern Vorschriften, die zu den Artikeln dieser Verfassung und den in ihr enthaltenen Gegenstände noch erforderlich sind, und die gegenseitigen Pflichten und den Regierungs-Plan näher auseinandersetzen werden, erklären wir für Teile dieser Verfassung. Der vollziehenden Gewalt empfehlen wir, dass der Staatsrat ihre Pflichten sogleich unter den Augen des Reichstags anfange und ununterbrochen fortsetze. Wir schwören Gott und dem Vaterlande aufs feierlichste, dass wir dieser Verfassung gehorsam sein und sie mit aller menschlichen Kraft beschützen wollen; und diesen Eid, den wir als Bürgen aufrichtiger Vaterlandsliebe ansehen, befehlen wir sogleich allhier zu Warschau von allen Kommissionen und Gerichtsbarkeiten, nicht weniger von den hier anwesenden Truppen, und in Zeit von spätestens einem Monate nach dem Tage dieses Gesetzes auf Verordnung der Kriegs-Kommission, von der ganzen Nationalarmee in dem Gebiete der Krone Polen und des Großherzogtums Litauen schwören zu lassen. Wir ordnen einerlei Tag für alle Kirchen im Lande zum Dankfeste, und das soll der 8. Mai dieses Jahres sein. An diesem Feste werden unsere ehrwürdigen Bischöfe veranstalten, dass Gott dafür gedankt werde, dass er einen vorteilhaften Zeitpunkt gegeben hat, uns Polen von fremder Übermacht und innerer Unordnung zu erlösen, dass er uns eine Regierung wiedergegeben hat, welche unsere wahrhafte Freiheit und die Integrität Polens völlig sichern kann, und dass er auf diese Art unser Vaterland auf eine Staffel gesetzt hat, wo wir in den Augen Europens wahre Achtung desselben gewinnen können. Wir bestimmen den Tag des heiligen Stanislaus (= 7. Mai), des Bischofs und Martyrers wie auch Patrons der Krone Polens, zu einem Jahresfeste, und wir und unsere Nachkommen werden ihn feierlich als einen Tag begehen, welcher der allweisen Vorsicht gewidmet ist, und an welchem das Vaterland nach so viel überstandenem Unglücke froh und sicher Atem holen kann. Wir wollen auch, dass unsere Geistlichkeit, und dass sowohl die Welt- als die Ordensgeistlichen in dem christlichen Unterrichte, der den rechtgläubigen Leuten gebühret, jedermann unaufhörlich zu ähnlichen Dankpreisungen Gottes ermuntern sollen. Damit aber die künftigen Jahrhunderte um so stärker empfinden mögen, dass wir, nachdem wir dies so erwünschte Weg ohmgeachtet aller Schwierigkeiten und Hindernisse mit Hilfe des höchsten Regierers der Schicksale der Nation glücklich ausgeführt haben, nicht diese glückliche Gelegenheit zu Vereinigung unserer Nation verabsäumen wollen: So verordnen wir, dass zum Andenken dieser Begebenheit eine Kirche durch Wahl aller Stände ausgesucht und der Höchsten Vorsehung geweiht werden soll.

Wenn wir so der allgemeinen Freude genügt haben, müssen wir auch ein wachsames Auge auf der Befestigung dieser Verfassung richten und verordnen daher, dass, wenn sich irgend jemand erkühnen möchte, sich dieser Verfassung zu widersetzen oder sonst Bewegungen machen sollte, sie zu zerstören, oder die Ruhe der guten, jetzt ihre Glückseligkeit anfangenden Nation beunruhigen, Misstrauen ausbreiten, die Verfassung verkehrt auslegen, oder gar im Lande irgendeinen Aufstand des Adels, oder eine Konföderation entweder selbst erregen oder auch nur auf einige Art dazu behilflich sein sollte, vor den wollen ansehen für einen Feind des Vaterlandes, für einen Verräter desselben, und für einen Aufrührer, und dass er sogleich durch das Reichstagsgericht mit den schärfsten Strafen belegt werden soll. wir befehlen dieserhalb, dass das Reichstagsgericht mit den schärfsten Strafen belegt werden soll. Wir befehlen dieserhalb, dass das Reichstagsgericht hier zu Warschau ununterbrochen vollständig zugegen sei, seine Sitzungen von einem Tage zum andern halte, und wenn ihm von angesessenen Bürgern, in Assistenz der Instigatoren beider Nationen Denunziationen von erregtem Aufstande oder von Beredungen dazu gemacht werden, soll es selbige unverzüglich richten und der Personen, die seinen Aussprüchen unterworfen sein sollen, sich wohl versichern; und dazu soll auch die Nationalarmee, nach vorher von dem Reichstagsgerichte mit der vollziehenden Gewalt gehaltener Rücksprache Hilfe zu leisten, bereit und willig sein.

Quelle:
Politz, Karl Heinrich Ludwig: Die europäischen Verfassungen seit dem Jahre 1789, F. A. Brockhaus, 1833


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