Immanuel Kant an Johann Erich Biester

vom 29.12.1789.

Königsberg, d. 29sten December 1789.

 

Ihr gütiges Andenken an mich und das angenehme Geschenk, welches Sie, theuerster Mann! mir mit dem letzten Quartal Ihrer Monats-Schrift -gemacht haben, erregt in mir den Vorwurf  einer Undankbarkeit, in so b g e r Zeit diese Ihre Freundschaft gegen mich durch nichts erwiedert zu haben. Ich habe verschiedene Stücke für Ihr periodisches Werk angefangen, und bin immer durch dazwischenkommende nicht auszuweichende Stiihrungen unterbrochen und an der Vollendung derselben gehindert worden. Bedenken Sie indessen, werthester Freund! sechs und sechszig Jahre alt, immer durch Unpäßlichkeit gestöhrt, in Planen, die ich nur noch zur Hälfte ausgeführt habe und durch derley schriftliche oder auch öffentliche Aufforderungen von meinem Wege abgelenkt, wie schweer wird es mir alles, was ich mir als meine Welt denke, zu erfdien, ohne hier oder da eine zu verabsäumen? - Allein ich habe jetzt eine Arbeit von etwa nur einem Monate zu vollenden; alsdann will ich einige Zeit ausruhen und diese mit einigen Ausarbeitungen, im Falle sie Ihrer Monats-Schrift anständig sind, ausfüllen. Aber was ich schon längst hatte thun sollen, und immer wieder aus der Acht gelassen habe, das thue ich jetzt, nämJich Sie zu bitten, mit der Uebersendung Ihrer Monats-Schrift quartakeise sich ferner nicht unnöthigerweise in Kosten zu setzen. Denn, da ich die Stücke, so wie sie monatlich herauskommen, ohnedem von meinen Freunden communicirt bekomme, warum soll ich Sie damit belästigen? Die Unterbleibung dieser Zusendung wird nicht im Mindesten in mir den Eifer schwächen, Ihnen, hierin sowohl als in jedem andem Falle, nach dem meinem Vermögen zu Dienst zu s e p In Hoffnung auf Ihre gegenseitige
Freundschaft und Gewogenheit beharre ich jederzeit


Ihr ergebenster treuer Diener
Kant.

Quelle:
Preußische Akademie der Wissenschaften (Hg): Kants gesammelte Schriften, Bd. XI. Briefe 1789-1794, Berlin 1900


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