Johann Wolfgang von Goethe an Carl Ludwig von Knebel

vom 28.01.1789.

Ich habe an dir bemerckt und habe durch Moritzen ausführlicher gehört daß du über den Brief im Merkur böse bist. Hätte ich vermuthet dich dadurch verletzen zu können; so würdest du ihn weder gedruckt sehn, noch würde ich schriftlich oder mündlich dieser Sache weiter erwähnt haben.

Gegenwärtig kann ich nichts weiter sagen als daß ichs ernstlich und aufrichtig gemeint habe, daß meine Absicht war: einen Grundstein zu künftigem gemeinschaftlichen Bau manches wissenschaftlichen Denckmals zu setzen. Gelingt das nicht und wir stehen in Prinzipien zu weit auseinander; so ist es ja besser es behandelt jeder die Sache auf seine Weise, als daß wir uns einander immer anzuähnlichen suchen und uns dann am weitsten entfernt finden wo wir uns eben zu begegnen glaubten.

Es ist mir sehr Ernst in allem was die großen ewigen Verhältniße der Natur betrifft und meine Freunde sollten über die Art wie ich meine Erkänntniße manchmal mittheile einigermassen nachsichtig werden.

Was übrigens in diesem Falle zu entschuldigen und zurecht zu legen ist das überlaße ich deinem freundschaftlichen Herzen das das beste dabey thun muß.

d. 28. Jan. 89.

G.

Quelle:
Goethe, Johann Wolfgang von: Briefe


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