Das Reisetagebuch der Antoinette von Massow

vom Herbst 1801

Plate, den 29.

Nachdem wir unsere Toilette etwas in Ordnung gebracht hatten, ließen wir uns bei Grf.v.Osten melden, einem lieben alten Bekannten von mir und Dörtchen; machten die Bekanntschaft seiner angenehmen, artigen Frau und dreier kleiner Mädels. Wieder dringend zu Mittag geladen, schlugen wir es standhaft aus, nahmen aber geräucherten Lachs, Butterbrot, einen großen Teller der schönsten Reine Claudes und ungarischen Wein zu uns; da wurden wir dann mit dem Versprechen entlassen, bei der Retour länger zu weilen.
Nun machten wir noch eine Promenade nach dem alten Schloß, gingen hinauf und durchstreiften alle offenstehenden Zimmer in der Meinung, es sei völlig unbewohnt; als wir eben in das innerste Gemach dringen wollten, hören wir von einem Manne, daß da eine alte Oterstin logiere. Blitzschnell liefen wir zurück - und wahrscheinlich hat sich das Gerücht verbreitet, wir sahen dort einen Geist.

Naugard, den 29. abends.
Wir kommen eben von einer angenehmen Promenade zurück, die wir an dem Ufer eines Sees gemacht haben, während dem die Wirtin das Logis besorgt, Küche und Keller in Bewegung setzt. Dem Major Seelhorst konnte mein Massow seine Aufwartung nicht machen, weil er einer Operation wegen in Stettin war.

Massow, den 30. nachmittags.

Hier in dem sauberen Namensstädtchen kamen wir so früh an, daß wir unsere Toilette machen, und da es eben Sonntag war, in die Kirche gehen konnten. Wir hörten eine höchst mittelmäßige Predigt über den barmherzigen Samariter und gingen hungrig nach unserem Quartier; unterwegs trafen wir den Oberst Schäfer auf dem Markt, der vorher schon durch meinen Mann uns zum Mittag eingeladen und eine abschlägige Antwort erhalten hatte. Die kurze Bekanntschaft dieses angenehmen, freundlichen Mannes, sowie seiner beiden ältesten, schönen Kinder gewährte uns viel Vergnügen.
Wie wir sämtlich zum Essen gingen, bemerkte ich zu meinem größten Staunen, daß der Oberst ohne seine Offiziere abkratzte, und diese in allen Straßen sich verteilten; da hörte ich, daß jeder sein eigenes Töpfchen schrafe und ein trauriges Licht ging mir auf.
Um 6 Uhr kamen wir in Stargard an; unweit der Stadt kamen uns Cousin Wilhelm, Puttkammer, Zitzewitz und Steinäcker zu Pferde entgegen; den Onkel fanden wir sehr gut aussehend, Tante und Cousine zum herzlichen Empfang bereit.
Den Abend machten wir da die Bekanntschaft des Forstmeisters von Kummer und seiner Frau, die die Cousine Marianne Bessels ist; beide hübsche, artige Leute; sowie ein Frl. Amalie von Seydlitz, die wir sehr liebgewannen; den folgenden Tag waren über 40 Personen geladen, wo wir uns nicht so gut gefielen, als am Tag unserer Abreise, da wir das Mittag en famille genossen.

Dopperpant, den 3. September.

Seit dem ersten sind wir hier recht vergnügt, haben gestern an Major Burghagen, einer Frau von Aller (Mutter von 18 Kindern) und einer Frau von Schlegel recht angenehme Bekanntschaft gemacht.

Königsberg, den 4. September.

Der gute Cousin Ferdinand schickte uns bis Pyritz, wo wir um halb zehn Uhr eintrafen. In der lieben Tante ihrem Hause alles bereit und auf uns wartend.

Kaum wurde unsere glückliche Erscheinung kund, da kamen die alten Bekannten, als nämlich der Post - Commissarius, die Hebamme, 2 Frl. Horns, eine Kinderfrau, der Hauptmann Dumar, die alte gewesene Köchin und die Frau des einen (alten) Bedienten; dies jubelnde Quodlibet hielt uns lange auf, und wir erreichten erst in der Dämmerung Königsberg; etablierten uns in der Krone, die dieses Mal doppelt elegant war, weil unten im Saal alle Offiziere aßen, die des Manövers wegen hier versammelt sind.

Grünberg, den 5.

Hier ist ein Posthaus etabliert, weil die Tour bis Freienwalde zu weit war. Die Straße ist hier äußerst lebhaft, denn in der kurzen Zeit unseres Aufenthaltes haben wir viele schöne Equipagen durchpassieren sehen.


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