Leyer und Schwert

Bei der Musik des Prinzen Louis Ferdinand

1812.

        Düste're Harmonieen hör' ich klingen,
    Mutig schwellen sie ans volle Herz,
    In die Seele fühl' ich sie mir dringen,
    Wecken mir den vaterländ'schen Schmerz.
    Und mit ihren früh geprüften Schwingen
    Kämpfen sie im Sturme himmelwärts;
    Doch sie tragen nur ein dunkles Sehnen,
    Nicht den Geist aus diesem Land der Thränen.

        Allgewaltig hält ihn noch das Leben,
    Taucht die Flügel in den styg'schen Fluß.
    Es ist nicht der Künste freies Schweben,
    Nicht verklärter Geister Weihekuß.
    Noch dem Erdgeist ist er preisgegeben,
    Mit dem Staube kämpft der Genius,
    Reißt er auch im Rausche der Gedanken
    Oft sich blutend los aus seinen Schranken.

        Dann ergreift ihn ein bacchantisch Wüten,
    Wilde Melodieenblitze sprühn,
    Aus dem Tode ruft er Strahlenblüten
    Und zertritt sie kalt, sobald sie blühn.
    Wenn die letzten Funken bleich verglühten,
    Hebt er sich noch einmal stolz und kühn
    Und versinkt dann mit gewalt'gem Schauren
    In den alten Kampf mit dem Centauren.

        Wilder Geist! jetzt hast du überwunden!
    Deine Nacht verschmilzt in Morgenrot;
    Ausgekämpft sind deiner Prüfung Stunden,
    Leer der Kelch, den dir das Schicksal bot.
    Kunst und Leben hat den Kranz gewunden,
    Auf die Locken drückte ihn der Tod.
    Deinen Grabstein kann die Zeit zermalmen,
    Doch die Lorbeern werden dort zu Palmen.

        Und dein Sehnen klagte nicht vergebens:
    Einmal ward's in deiner Seele Tag,
    Als dein Herz am kühnsten Ziel des Strebens
    Kalt und blutend auf der Walstatt lag.
    Sterbend löste sich der Sturm des Lebens,
    Sterbend löste sich der Harfe Schlag;
    Und des Himmels siegverklärte Söhne
    Trugen dich ins freie Land der Töne.


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