Ode an die Französische Revolution

April 1792

Weise Menschlichkeit hat den Verein zu Staaten erschaffen,
     hat zum Leben das Leben gemacht.
Wilde leben nicht; sie sind jetzt Pflanzen, dann atmen
     sie als Tier´ ohne Seelengenuß.
Hoch stieg in Europa empor des Vereins Ausbildung,
     naht dem letzten der Ziele stets mehr,
ist nicht des Zeichners Entwurf, ist beinahe Künstlervollendung.
     Raffaels oder Angelos Werk!
Raffaels oder Angelos Werk! Wen der Zauber der Farb´ auch
     hier und da Verzeichnung beschönt.
Aber sobald die Beherrscher der Nationen statt ihrer
     handeln, dann gebeut kein Gesetz,
das dem Bürger gebeut; dann werden die Herrschenden Wilde,
     Löwen oder entzündendes Kraut.
Und jetzt wollt ihr sogar des Volkes Blut, ds der Ziele
     letztem vor allem Völkern sich naht,
das - die belorbeerte Furie, Krieg der Eroberung, verbannend -
     aller Gesetze schönstes sich gab;
wollt das gepeinigte Volk, das - Selbstretter! - der Freiheit
     Gipfel erstieg, von der furchtbaren Höh´,
Feuer und Schwert in der Hand, herunterstürzen, es zwingen,
     Wilden von neuen dienstbar zu sein;
wollt, daß der Richter der Welt und - hebt! - auch eurer dem Menschen
     Rechte nicht gab, erweisen durch Mord!
Möchtet ihr, ehe das Schwert von der Wunde triefet, der Klugheit
     ernste warnende Winke verstehn!
Möchtet ihr sehn: Es entglüht schon in Euren Landen die Asche,
     wird von erwachenden Funken schon rot.
Fragt die Höflinge nicht, noch die mit "Verdienste" Geborenen,
     deren Blut in den Schlachten fließt!
Fragt der blinken die Pflugschar läßt, die Gemeinen des Heeres,
     deren Blut auch Waser nicht ist!
Und durch redliche Antwort erfahret ihr oder oder durch lautes
     Schweigen, was in der Asche sie sehn!
Doch ihr verachtet sie. Spielt denn des neugestalteten Krieges
      nie versuchtes, schreckliches Spiel,
allzu schreckliches! Denn in den Kriegen werden vergötzten
      Herrschern Menschenopfer gebracht.
Sterbliche wissen nicht, was Gott tun wird; doch gewahren
      sie, wenn große Dinge geschehen,
jetzt ein langsames Wandeln, jetzt donnernden Gang der Entscheidung,
      der mit furchtbarer Eil´ es vollbringt.
Wer zu täuschen vermag und mich liebt, der täuscht den Erlebung
      Wünschenden , weissagt donnernden Gang!


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