An Damon

Der Weise wünscht sich nicht, Geliebter eines Herrn
Der Welt zu seyn, auch nicht zu tragen seinen Stern,
Zu stützen seinen Thron, zu werfen, kalte Blicke
Des Stolzes, auf den Mann, Armen! der vom Glücke
Nichts will, nicht sich beklagt, daß sein Verdienst nichts gilt!
Und der bescheiden sich in seine Tugend hüllt!

Wünscht er, so wünscht er sich ein Landguth, dessen Erde
Halb Berg, halb Thal, zugleich den Hirten und der Heerde
Die beste Mutter ist, daneben einen Strom
Lachs nährend, wie der Rhein, und eine Stadt wie Rom,
Gut alle Menschen drinn! verständig, artig, munter,
Ein paar schön singende Horaze mit darunter
Großmütig, edel, wahr, die braven Herzen, frey
Von aller Menschenfurcht, und aller Gleisnerey!

Im Hafen bey der Stadt nur eine kleine Flotte
Zu reisen um die Welt, beschützt vom Wassergotte.
Zehn Thaler monatlich, und jährlich ohne Feind,
Nur eine Million, mehr nicht und einen Freund!
Und eine Million? Was will er mit dem Gelde?
Mit dem will er kein Schiff ausrüsten auf der Schelde

Nicht wagen sich mit ihm in Indien hinein,
Nicht Ophir suchen, nicht Eroberer werden, Nein!
Bey Gott: das will er nicht! Nicht einen halben Heller
Der Million für sich will er! nicht einen Teller
Auf seine Tafel mehr! - Den leidenden aus Noth,
Nur helfen will er gern, Verdiensten nur ihr Brod
Gern reichen in die Hand, gern nur die armen Musen
Die vaterländischen besonders, an den Busen

Ja fürwahr! das wäre schön und gut
Er thäte dann, was schon der beste König thut;
Allein er kennt vielleicht bescheidene gute Seelen,
Weiß, wo sie sitzen noch in ihren Kummerhölen,
Die, Damon! sucht´ er auf! und seinen Pilgerstab
Brächt´ er dem lieben Gott, und legte Rechnung ab.

 


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03