Das System der Rechtslehre

von Johann Gottfried Fichte.

Zweiter Teil

Drittes Kapitel

Erster Abschnitt

Maßstab des Wertes des Geldes.

Man setze, dass einer der handelnden Staaten solches Metallgeld führt, so ist das Verhältnis dies: was die Ware, die ich im Tausch erhalte, in Geld wert ist, das ist auch die Ware eines Landes, die ich dagegen austausche, wert, und da diese, zu dem Scheffel Korn, und der Scheffel Korn zu allen andern Waren ein bestimmtes Verhältnis hat, so ist der Scheffel Korn so viel im Gelde wert, als diese Ware gegen den Scheffel Korn wert ist. Dieser Preis ist der ganz richtige. Ich kann allen meinen Bürgern, die Geld haben, erlauben, den auswärtigen Handel selbst zu führen, falls ich um den Preis des Auslandes verkaufe. Was im Auslande mit Vorteil zu kaufen ist, verkaufe ich eben so: was nicht mit Vorteil zu kaufen ist, werden sie da nicht holen, sondern, denk ich, lieber im Inlande, wo es wohlfeiler ist. So wird das Metallgeld zum unnützen Liegen verurteilt, und dem Staate zum Austausche, eben um den rechten Preis im Landgelde nach und nach zugeführt werden. Es wird nun Ware, und wir haben eine treffliche Ware gewonnen, für den Privatmann, der sie bezahlen kann, und auf die Ewigkeit seiner Familie rechnet, oder auch für den ewigen Staat, der diese Rechnung mit mehr Sicherheit macht.

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Kehren wir jetzt zu unsrer ursprünglichen Untersuchung über den Eigentumsvertrag zurück.

Es hat sich uns ein Eigentum ergeben von sehr verschiedener Natur: relatives und absolutes. Der Staat hat Jedem sein Teil Arbeit als Eigentum, aber nur als relatives Eigentum, für die ausschließliche Bearbeitung zugeteilt; dem Landmann seinen Acker, dem Künstler sein Gewerbe. Er nimmt immerfort alles Übriggebliebene von dem eigenen Bedürfnisse, die Produkte des Produzenten, und die Fabrikate und Arbeit des Künstlers in Anspruch für den notwendigen Tausch, zufolge des im Staatsvertrage enthaltenen Grundsatzes: Jeder muss leben können durch seine Arbeit und muss arbeiten, um leben zu können. So lange also Korn beim Landbauer und Tuch beim Tuchmacher ist, muss getauscht werden. Nun aber ist jedem Bürger, der seine Abgaben an den Staat richtig bezahlt hat, das absolute uneingeschränkte Eigentum dessen, was ihm übrig bleibt zufolge des Staatsvertrages, zugesichert.

Aber der Staat nimmt jenes Übriggebliebene nicht in Absicht seiner Form als Übriggebliebenes und Eigentum in Anspruch, sondern um der Materie willen, weil an der Materie Alle Anspruch haben, indem sie für die Erhaltung des Lebens Aller notwendig ist. Die Form dagegen ist sein, die Freiheit von der Arbeit.

Es müssten daher Form und Materie geschieden werden, und der Staat müsste die Materie in Anspruch nehmen können, ohne dadurch die Form zu berühren. Es müsste also eine bloße Form des Eigentums, ein bloßes Zeichen desselben geben, das alles Nützliche und Zweckmäßige im Staate bezeichnete, ohne doch selbst die geringste Zweckmäßigkeit zu haben, indem es außerdem der Staat für den öffentlichen Gebrauch in Anspruch zu nehmen berechtigt sein würde. Dies ist aber das Geld; dieses Geld, das Jeder für seine Arbeit erhält, ist nun sein absolutes und reines Eigentum: die Freiheit, seine Freiheit zu brauchen, wie er will, auf welches absolute Eigentum der Staat gar kein Recht mehr hat. Jedes Stück Geld, das ich besitze, ist zugleich das Zeichen, dass ich allen meinen bürgerlichen Verbindlichkeiten ein Genüge getan habe. Ich bin hierüber der Aufsicht des Staates gänzlich entzogen. Abgaben vom Geldbesitz sind völlig absurd; alles Geld ist seiner Natur nach schon vergeben.  


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03