Eulogius Schneider's ehemaligen Professors in Bonn etc. Schicksale in Frankreich.

von Christoph Friedrich Cotta

38.

Der Leser hat bis daher manches schon von den Gliedern der heiligen Propaganda, die gegenwärtig zu Strasburg haußte, gehört: vielleicht ist ihm eine kleine Schilderung von dem äussern Umrisse dieser Leute auch nicht ganz unwillkommen. Jeder Propagandist trug, wie beinahe alle Jakobiner damaliger Zeit, einen großen Schnurrbart. Das Haupt des Mannes war entweder mit einer schwarzen halbschuhhohen Pelzmütze geziert, wovon der Kopf von rothen Tuche oder Leder war; oder er trug schlechtweg eine wollene rothe Mütze, wie sie sonst der Bauer im Elsasse zu tragen pflegt[1]. Der Leichnam war in eine Art von weitem langen Ueberrock gehüllt, den auf dem Rücken ein blaues oder rothes ellenweit herabhängendes Stück Tuch zierte; und um die Lenden war ein langer Säbel gegürtet, der weit inter den Füßen des Herrn herrappelte. So gekleidet erschienen die Herrn Propagandisten bei allen Gelegenheiten u ganzen Dutzenden, vorzüglich in sehr reichen Strasburgischen Bürgerhäusern, die wegen des Aristokratismus nicht zum Besten beleumdet waren; aber eben darum sprachen unsre Herren bei ihnen ein, weil sie wohl wußten, bei ihnen, die ihrer Hilfe nöthig hatten, besser mit Wein und Braten, und etwa auch mit Mädchen, bedient zu werden, als anderwärts. – Ihr fürchterliches Ansehen machte, daß jedermann schon darum ihnen allen Willen that. So bestürmten sie auch einmal einen Wirth, soffen ihn mehrere Ohmen Wein aus, und den übrigen versiegelten sie, unter dem Vorwand, er verkaufe ihn über der Taxe. Alle Pastetenbecker der Stadt, und ihre Anzahl ist odch nicht klein im Strasburg, wurden blos für sie, die Repräsentanten und einige Generäle bei der Armee zu backen in Requisition gesetzt. Und doch verehrten sie im sogenannten Collegio, wohin sie Monet einlogirt hatte, während der drei Wochen, die sie in Strasburg mochten zugebracht haben, über etliche achtzig tausend Livres, die Monet dann aus der Gemeindekasse bezahlte ohne das zu rechnen, was jeden von ihnen als Rückreisegeld in ihre Heimath mitgegeben wurde. Jeder erhielt für die tunde drei Livres, und mancer hatte etliche 60 – 70 – 80 Stunden in seinen Wohnort. Die Meisten von ihnen verließen Strasburg äusserst ungerne; denn so ein lustiges Leben, wo ihr Tisch alle Tage so wohl besetzt, und ihr Beutel immer so wohl mit Münze versehen war, ohne die guten Gastfreunde in der Stadt mit in den Anschlag zu bringen, wo es allemal sehr leckre gute Bissen und Labetrünke bsetzte; so ein Leben war ihnen zu Hause nie bescheert. Man darf es daher den Herrn auch nicht so gar groß verübeln, wenn manche unter ihnen schon in den ersten Tagen ihres Daseyns sich entschlossen hatten, nie mehr daraus weg zu gehn; wenn manche ferner schon ihre Wohnungen und dergl. sich zu ihrem künftigen Aufenthalte ausersehen hatten; da ohnedies unter ihnen der Punkt ins Riene gebracht war, daß sie aristokratischen Elsasser eines so guten Landes nicht werth seyen, follich samt und sonders in die Vendee würden überbracht werden, wo sodann si, die Propagandisten, als so anerkannte, feurige Republikaner, sich in die hinterlassenen Häuser, Felder etc. theilen und wohl leben würden.

Es ist dies alles, was ich so eben erzählt habe, keine von den Strasburgern erdachte Chimäre oder sonst wo aufgegriffene Erdichtung- Das Projekt war schon lange vor der Ankunft der Propaganda in Strasburg und dem Elsasse bekannt, daß man einst das Elsaß unter die um das Vaterland verdienten Soldaten theilen und die Elsasser zum Teufel jagen wollte, weil sie doch nie von ihrem deutschen wesen, den Aristokratism[2] nicht ablassen würden.


[1] Unter die tausend Albernheiten und Thorheiten, welche die Propaganda in ihrer Reformationswuth einzuführen suchte, gehört auch diese: daß das weibliche Geschlecht eben solche rothe Mützen tragen sollte; und bald ssah man mehrere weibliche Köpfe mit dieser sonderbaren Decke geziert erschienen. Der Haß gegen alles, was deutsch war, gieng bei den Welschen, so nennt der Elsasser den Franzmann, so weit, daß man mehrmals die sogenannten, im Elsasse gewöhnlichen kleinen Weiberkappen oder Hauben zu tragen verbot. Noch im Sommer 1794 hielt es der Herr General Dieche zu Strasburg nicht unter seiner Würde, auf der Strasse die Weibsleute anzufallen, und ihnen die deutschen Hauben vom Kopfe zu reißen. Die monströsen Strasburgischen Schneppenhauben waren ohnehin meist im Klubb der Republik geschenkt worden. Aber wo sie hingekommen sind, wer weiß das? – mehrere hunderte wurden doch gebracht? -

[2] Ueber den Artikel Deutsche ließe sich ein besonderes Buch schreiben. Freilich würde es nur eines von den vielen Denkmalen der Schande der französischen Nation werden; allein es würde doch nicht so ganz überflüssig für uns Deutsche seyn. Man könnte hieraus ersehen, daß die Franzosen gerade damals, als sie die Vernunft zu ihrer Göttin machten, vom beleidigendsten Vorurtheile geleitet, deutsche Sprache als Verbrechen, und den Sprecher als Verräther des Landes behandelten. – Man sage nicht, daß die sogenannten Franzosen, die noch im Lande sich befinden, dieses so schändliche Vorurtheil hegen; nein! die Emigranten sind in diesem Stücke noch ganz ihre ächten Brüder. Vielleicht hat mancher deutsche Mann seit der Existenz dieser Wesen auf deutschen Boden mehrmals schon Erfahrungen hierüber zu machen Gelegenheit gehabt. – Von Ausnahmen ist hier nicht die Rede, so selten sie auch sind. -

 


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