Jean-Baptiste Conte de Villèle

* 14.04.1773 in Toulouse
† 13.03.1854 in Toulouse

Jean Baptiste Guillaume Marie Anne Séraphin Joseph, Comte de Villèle wurde am 14.08.1773 in Toulouse geboren. Seine Eltern waren Louis François Joseph de Villèle, Seigneur de Mourvilles Basses (1756-1822) und Anne Louise Blanc de La Guizardie (1752-1829). Seine Eltern heirateten am 15.02.1772 und hatten keine weiteren Kinder.

Schon im Alter von 15 Jahren trat der junge Mann in die französische Marine ein und besuchte die Marineschule von Alais. Im Jahre 1791 wurde er nach Westindien versetzt und nahm an Seegefechten gegen britische Schiffe teil. Auf der Ilé de Boubon – dem heutigen französischen Überseedepartement Réunion – ein beträchtliches Vermögen auf. Im Mai 1794 – während der heißen Phase der Terrorherrschaft – wurde er inhaftiert. Erst im Oktober desselben Jahres, nachdem in Paris Maximilian de Robespierre und die Herrschaft des Wohlfahrtsausschusses beendet wurde – erfolgte seine Freilassung. Er hatte ein kleines Stück Land erworben und baute Kaffee an, während er sich politisch gegen die Freilassung der Sklaven engagierte.

Im Jahre 1807 kehrte Villèle mit seiner Familie nach Frankreich zurück, wo er sich um das Familiengut in Mourvilles im Département Haute-Garonne kümmerte. Seine politische Karriere begann als Maire seines Dorfes Mourvilles im Jahre 1808. Im Jahre 1811 übernahm er die Aufgaben des General Counsels. Schon im Jahre 1813 schloss er sich dem royalistisch gesinnten Geheimbund »Chevaliers de la Fol« an, der die Rückkehr der Bourbonen auf den französischen Thron anstrebte. Er gehörte zu den führenden Royalisten in Toulouse.

Nach der ersten Restauration im Jahre 1814 bezog der ehemalige Seeoffizier Stellung gegen die monarchistische Verfassung. In seiner Schrift »Observations sur le projet de Constitution« geißelte Jean-Baptiste Joseph de Villèle die Charta des Jahres 1814 als deutlich zu liberal.

Nachdem Louis XVIII. zum zweiten Mal den französischen Thron bestieg, Napoléon Bonaparte befand sich in den Händen der Alliierten auf den Weg nach St. Helena, stand der ehemalige Maire von Mourville ab dem 07.08.1815 an der Spitze der Verwaltung der Stadt Toulouse

Noch im gleichen Jahr wurde er auch in die Deputiertenkammer des französischen Parlaments gewählt, die er bis zum Jahre 1830 ununterbrochen angehörte. Dieses Parlament zeichnete sich insbesondere durch einen starken ultraroyalistischen Anteil an Abgeordneten aus. Auf Grund einer königlichen Weisung wurde das Parlament schließlich am 05.09.1816 aufgelöst.

Im Februar 1820 wurde der Duc de Berry ermordet. Die politische Unterstützung der Royalisten wurde stärker. Im Juni des gleichen Jahres wurde Villèle zum Präsidenten der Deputierenkammer gewählt und im Dezember 1820 trat er in die Regierung Richelieu als Minister ohne Geschäftsbereich ein. Da er dessen Politik für zu liberal und gemäßigt hielt, verließ er bereits im Juni des folgenden Jahres das Kabinett wieder.

Nach dem Wahlerfolg der Ultraroyalisten kehrte er im Oktober in das Kabinett Richelieu zurück und wurde im Dezember desselben Jahres Finanzminister, er war ein anerkannter Wirtschaftswissenschaftler, und Premierminister. Seine Ernennung zum Premierminister und Nachfolgers Richelieus erfolgte am 19.12.1821. Als Finanzminister übernahm er die Amtsgeschäfte von Antoine Roy.

Von nun an sollte Villèle das politische Leben Frankreichs bis zum Jahre 1827 durch eine konservative Politik dominieren. Sein Ziel war es eine zu liberale Politik Frankreichs zu verhindern. Er berief Corbiere als Minister des Innern, Peyronnet für Justitzangelegenheiten, Montmorency und schließlich den Schriftsteller Chateaubriand als Außenminister in sein Kabinett. Monsignore Frayssinous wurde mit der Regelung kirchlicher Angelegenheiten betraut.

Zunächst begann er auf dem Gebiet der Bildungspolitik. So schloss er für drei Monate die Medizinische Fakultät der Pariser Akademie. Für Villèle war dies ein gefährlicher Brutherd der Agitation. Auch die Ecolé Normale Supérieure – die sich der Ausbildung von Naturwissenschaftlern und Geisteswissenschaftlern verschrieben hatte, blieb geschlossen. Auch Professoren wie François Guizot oder Victor Cousin und 75 Studenten werden von Juni 1820 bis Dezember 1822 vom Besuch der Universitäten ausgeschlossen.

Er bemühte sich die verschiedenen Ebenen der Bildung durch kirchliche Aufsicht zu steuern, so standen die Grundschulen unter der Aufsicht der Bischöfe und auch Philosophie an der Sekundarstufe durfte nur noch von Priestern unterrichtet werden. Auch förderte er die Gründung von kleineren Seminaren. Die Verantwortung für die Umsetzung dieser Politik oblag dem Minister Denis Frayssinous . Auch für eine Rückkehr und Stärkung des Jesuitenordens stand seine Politik.

Um auch den während der Französischen Revolution enteigneten Adel suchte der ultraroyalistische Politiker durch seine restaurative Politik zu entschädigen.

Für die liberalen Kräfte in Frankreich bedeutete eine solche kirchen- und adelsfreundliche Politik einen Rückschritt in die Zeiten des Ancien Régime, also einen Rückgriff auf die Zeit vor der Französischen Revolution.

Auch die französische Presse unterwarf er strengen Kontrollen und Zensur. So forderte ein im Jahre 1822 eingebrachtes Pressegesetz, bedurfte es vor Erscheinen der Genehmigung durch die Behörden. So war es der Regierung möglich Presseerzeugnisse, die im Widerspruch zum Staatsinteresse standen zu verbieten. Dies traf die liberale Presse sehr hart und obwohl sich Villèle gegen die Zensur aussprach betand er auf die Einführung dieses Gesetzes. Es kam jedoch erst im Jahre 1827 zu einer entsprechenden Entscheidung im Parlament.

Seit dem Jahre 1818 breitete sich in Frankreich die Carbonari aus. Hier sammelten sich Republikaner, Bonapartisten und all diejenigen Kräfte, die mit dem Bourbonensystem nicht einverstanden waren. Man versuchte die Restauration durch geheime Verschwörungen und Aktionen zu stürzen. Die französische Polizei schätzte, dass es alleine in Paris bis zu 20.000 Carbonari gab. Vorbild für diese Gruppe waren die Italiener, die für einen einheitlichen und unabhängigen Staat protestierten. Im Jahre 1822 gehörten La Fayette und Manuel zu den führenden Köpfen der Vereinigung.

Zu den Verdiensten Villèles gehörte die Invasion Spaniens zur Wiederherstellung des absolutistischen Systems im Jahre 1823. Auf dem Kongress von Verona im Jahre 1822 forderte er die Unterstützung des spanischen Königs Ferdinand VII., der im Kampf gegen stärker werdende liberale Kräfte stand.

Der Feldzug war sehr schnell beendet, durch die Inbesesitznahme der Festung Trocadero und ein hartes Durchgreifen gegenüber liberalen Gesinnungen festigten auch den spanischen Königsthrone wieder. Auf diese Weise konnte er Frankreich, dass seit den Ende Kaiser Napoléons auf der europäischen Bühne eine nachgeordnete Rolle spielte, in das Konzert der europäischen Großmächte aufgenommen werden.

Diesen außenpolitischen Erfolg nutze der konservative Politiker um im Dezember 1823 das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Bei den folgenden Neuwahlen im März 1824 errangen zahlreiche ultraroyalistische Politiker Mandate. Die liberalen Gegner sind im 430-Köpfe zählenden Parlament in der Unterzahl.

Nun war Villèle und sein Ministerium an der Festigung der Verhältnisse interessiert. In einem Gesetzentwurf legte er die Amtsperiode eines Ministerpräsidenten auf 7 Jahre fest, die auch unabhängig von der Wahlperiode der Deputiertenkammer war. In finanzpolitischer Sicht versuchte er die Politik eines ausgeglichenen Haushalts fortzuführen und die Staatsverschuldung wurde erheblich zurückgedrängt. Wirtschaftspolitisch sorgte er für eine Förderung der Industrie, wobei der Hafen von Dünkirchen ein erstes Projekt darstellte.

Mit dem Amtsantritt Charles X. im September 1824 verstärkte sich nun die Zeit des Ancien Régime verstärkt zurückgesehnt. So entstand um den neuen Monarchen, der mehr als 25 Jahre im Exil lebte, ein Netzwerk ultraroyalistischer Kräfte, wie Mathieu de Montmorency, La Rocheoucauld, Corbiere oder Villèle selbst.

Eine rückwärtsgewandte Politik des Königs ließ sich durch seine Ablehnung des Parlamentarismus deutlich erkennen. So war der Monarch von der Notwendigkeit überzeigt, die »letzten Wunden der Revolution« zu heilen und »Reparatur der Vergangenheit« zu realisieren um das Glück der Franzosen wiederherzustellen.

So führte er in den nächsten Jahren einige restriktive Gesetze ein. So wurde die Intervention der Kirche in gesellschaftspolitischen Fragen gestärkt. Auch stellte man Gotteslästerung wieder unter die Todesstrafe. Zwar sorgte Ministerpräsident Villèle für eine Entschärfung des Gesetzes und einer faktischen Nichtanwendung. Aber in der Bevölkerung war es ein Stein, der die Stimmung gegen die Regierung stärkte.

Im Oktober 1827 konnte er nochmals einen außenpolitischen Erfolg verbuchen. So führte er Frankreich auch auf den griechischen Schauplatz. Dort vereinigten sich die französische, britische und auch russische Flotte um die osmanischen Seeverbände bei Navarino erfolgreich anzugreifen.

Im Jahre 1827 war die Unbeliebtheit des Ministerpräsidenten immer deutlicher zu spüren. So wurde manche Beerdigung zu einem Protest gegen die Regierung. Doch Villèle versuchte nochmals die Situation zu seinen Gunsten zu entscheiden.

So bat er Charles X. das Parlament aufzulösen. Doch statt der erhofften Mehrheit der Ultraroyalisten gab es innerhalb des Parlaments nun keine Mehjrheit mehr für die Politik Villèle. Somit sah der Premierminister seine Regierung als gescheitert an. Doch den Rücktritt hatte Charles X. verboten, erst am 04.01.1828 bewilligte dieser das Dekret. Dies war notwendig, da der König erkannte, dass der Ministerpräsident nicht mehr zu halten war.

Am Tag zuvor hatte der Monarch den scheidenden Ministerpräsidenten als Pair von Frankreich in die Pairskammer berufen. Der König suchte immer noch den Rat des Politikers. Während der Pariser Juli-Revolution von 1830 befand sich der ehemalige Ministerpräsident nicht in Paris sondern auf dem Land. Dem Wunsch Louis Philippes, dass er für das neue Parlament kandidieren sollte, lehnte er jedoch ab und zog sich ins Privatleben zurück.

Am 13.04.1799 ging Villèle auf der Ilé-de-Bourbon die Ehe mit Barbe Melanie Onbeline Panon Desbassayns (1781-1855) ein. Sie war die Tochter von Henri Paulin Panon Desbassayns (1732-1800) und der Anne Marie Therese Ombline Desbassyns (1755-1846). Aus dieser Ehe stammten fünf Kinder.

Jean-Baptiste Joseph Villèle starb am 13.03.1854 in Toulouse statt. Seine letzte Ruhe fand er in der Kapelle von Mourvilles.

Werke:

  • Observations sur le projet de Constitution

Letzte Änderung der Seite: 08. 07. 2023 - 00:07