Karl Friedrich Reinhard

* 02.10.1761 in Schorndorf
† 25.12.1837 in Paris

Geboren wurde Karl Friedrich Reinhard am 02.10.1761 als Sohn des 2. Stadtpfarrers von Schorndorf Georg Christoph Reinhard. Er war das älteste von 11 Geschwistern. Seine erste schulische Ausbildung erhielt er in den evangelischen Klosterschulen in Denkendorf und Maulbronn.

Eigentlich sollte er, wie der Vater. den Beruf des Pfarrers ergreifen und schloss sein Theologiestudium in Tübingen im Jahre 1783 ab. Er lernte während seines Studiums neben Arabisch und Latein auch die französische Sprache. Bereits im Jahre 1780 erwarb er unter der Anleitung Schnurrers den akademischen Grad eines Magisters.

Zu seinen Studienkollegen gehörten der Dichter Karl Philipp Conz, der Philosoph Christoph Gottfried Bardili und die Theologen Heinrich Paulus und Stäudlin. Der Orientalist Christian Friedrich Schnurrer, Ephorus des Stifts, war sein Lehrer.

Neben den Schriften der französischen Aufklärer Rousseau und Voltaire, die er im Original studierte,  erarbeitete er sich die Werke Lessings, Klopstocks, Goethes oder Salomon Gessners. Auch die im Göttinger Hainbund zusammengeschlossen Literaten gehörten zu seiner Lektüre. Bereits im Jahre 1781 arbeitete er an der ersten Ausgabe des schwäbischen Musenalmanachs auf das Jahr 1782. Anfang Oktober 1782 traf er den jungen Friedrich Schiller in Stuttgart, mit dem er auch - wie damals unter den jungen Literaten üblich - eine große Begeisterung für die Lehren Rousseaus verband.

Ein besonderes Verhältnis entwickelte der junge Reinhard schon früh für Frankreich. War es doch auf einer Seite der Motor und Antrieb für die geistigen Ideen der europäischen Aufklärung, wie z.B. Rousseaus Naturrecht und auf der anderen Seite war es das Land des Despotismus, des Sittenverfalls und Atheismus, welches alle europäischen Höfe nachmachten.

Von 1783 an war er für 3 Jahre Vikar bei seinem Vater in Ballingen. Ihm fiel es schwer, auf dem Dorfe zu leben und so sehnte er sich nach seiner Freiheit. Im April 1786 übernahm er, durch die Vermittlung Züricher Freunde, bei der Familie Blonay auf dem gleichnamigen Schloss in Vevey/Schweiz die Stellung des Hauslehrers. Nach einem Jahr übernahm er eine Hauslehrerstelle in Bordeaux um den 13jährigen Jean Teulon (1775-1831), der im Jahre 1815/16 sowie 1830/31 Mitglied des französischen Parlaments war, zu unterrichten. Zunächst fiel es ihm auch hier wieder schwer, sich einzugewöhnen. In dieser Zeit vertiefte er seine französischen Sprachkenntnisse. Es war auch die Zeit, als sich die erste Notabelnversammlung, der Vorläufer der Generalstände, auflöste.

Als im Jahre 1789 die Französische Revolution ausbrach, sah er die persönliche Freiheit für den Einzelnen, Denk-, Meinungs- und Pressefreiheit aber auch Glaubens- und Religionsfreiheit verwirklicht. Er änderte durch die Ereignisse von 1789 auch seine Einstellung gegenüber der französischen Mentalität, so das seine bis dahin vorhandene Reservierung gegenüber den Franzosen, besonders wegen ihres Leichtsinns einer Hinwendung zu ihrem spontanen Handeln entstand. Besonders der Sturm auf die Bastille am 14.07.1789 und die Abschaffung des Feudalwesens am 04.08.1789 beeindruckte ihn nachhaltig. In jener Zeit verfasste er aus Begeisterung für die neuen Ideale zwei Gedichte in französischer Sprache. Das eine war eine Ode an die Freiheit und das zweite Werk eine Epistel »sur la liberté réligieuse«:

Ich sang wie Cassandra,
von keinem geglaubt,
mir selber nicht glaubend,
eine weissagendes Lied,
eh´die Bastille noch fiel.

Gleich nach Ausbruch der revolutionären Ereignisse im Juli 1789 verfasste er Briefen, in einer zurückhaltenden aber doch euphorischen Stimmung, über die revolutionären Ereignisse in Frankreich. Diese Briefe erschienen in »Hausleutner's Schwäbischen Archiv«. Er veröffentlichte auch einen Aufsatz in Schillers »Thalia« im Jahre 1791 über die geschichtlichen Vorbedingungen der Revolution. Er schilderte er die Wirksamkeit Montesquieus, Voltaires oder Jean-Jacques Rousseaus. Für das »Journal de Bordeaux« verfasste er Artikel über neuere deutsche Literatur.

Im Mai des Jahres 1790 besuchte Reinhard zum ersten Mal die französische Hauptstadt. Im Oktober des gleichen Jahres lernte er Pierre Victurnien Vergniaud und Jean-François Ducos, die später als führende Köpfe der Gironde agierten, kennen. Beide hegten zum von der Revolution begeisterten Ausländer Reinhard große Sympathie und Freundschaft und boten ihm im Januar 1791 an Mitglied in der »Société des Amis de la Constitution« in Bordeaux zu werden. Während der Flucht König Louis XVI. und seiner Familie schwor er vor der Versammlung der »Société des Amis de la Constitution« einen Eid »als Franzose leben und sterben zu wollen«

Die Versammlung sah von diesem Zeitpunkt in ihm nur noch einen Franzosen. Am Ende des Jahres 1791 übersiedelte er zusammen mit seinen Freunden Vergniaud, Ducos und Guadet nach Paris. Offiziell war Reinhard als Erzieher des sechzehnjährigen Roger Ducos angestellt. In seiner Abschiedsrede vor der »Société des Amis de la Constitution« in Bordeaux bekundet er, das er sich immer noch als Franzose fühlt und auch die am 03.09.1791 beschlossene Verfassung befürwortete. Gleichzeitig schränkt er dies jedoch ein

Frühere heilige Bande binden mich immer noch an ein anderes Land als an das Eure. Ich werde wählen, wenn es nötig sein wird; aber bis dahin werde ich unabhängig bleiben. [...] Welches auch sei, das Vaterland, das mich empfängt, ich werde bis zur letzten Stunde meines Lebens Eure Verfassung lieben und Eure Gesellschaft anhängen.

Von seinem Aufenthalt in Paris erhoffte er sich als Bindeglied zwischen Deutschen und Franzosen agieren zu können. So stellte er sich beispielsweise vor, als Korrespondent einer deutschen Zeitung oder als unabhängiger Schriftsteller arbeiten zu können. Zeitweise arbeitete er für den »Moniteur« und übersetzte für diesen, die seit Januar 1792 in Berlin veröffentlichten Artikel mit historischen und politischen Inhalten der Zeitschrift »Minerva«. Damit konnte er seinen Wunsch, seine deutschen Landsleute über die politischen und literarischen Ereignisse in Frankreich informieren.

Über seine politischen Kontakte zur Gironde lernte Reinhard neben anderen politischen Köpfen des damaligen Paris auch den Abbé Sieyés, Autor der revolutionären Schrift »Was ist der Dritte Stand«, kennen und wurde von diesem an den Außenminister Dumouriez weiterempfohlen. Dieser stellte ihn am 15.04.1792 als königlichen Legationssekretär des neuen Londoner Gesandten Chauverlin ein. Der eigentliche Gesandte in London war eigentlich Charles Maurice de Talleyrand-Périgord. Zwischen beiden Männern entwickelte sich von nun an eine lebenslange Freundschaft. Die Aufgabe der Londoner Vertretung war es, England zu einem Bündnis oder zumindest zu einer neutralen Haltung im bevorstehenden Krieg gegen den jungen deutschen Kaiser Franz II. zu bewegen. Die Hinrichtung König Louis XVI. am 21.01.1793 führte jedoch zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen England und Frankreich, sodass Reinhard nach Frankreich zurückkehrte.

Nun wollte Reinhard, inzwischen herrschte zwischen dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und dem revolutionären Frankreich Krieg, an einen deutschen Hof versetzt werden. Doch wurde ihm dieses Ansinnen verwehrt und er wurde am 16.02.1793 zum Gesandtschaftssekretär in Neapel ernannt. Am 08.05.1793 erreichte er seinen neuen Dienstsitz. Er erwartete, nachdem in Paris seine Freunde von der Gironde verhaftet wurden und das Königreich Neapel auf Seiten Englands in den Krieg eingetreten war, seine Abberufung nach Paris.

Am 01.09.1793 wurde einem britischen Flottenverband das Anlegen im Hafen von Neapel gestattet und die französische Gesandtschaft erhielt die Aufforderung, das Land binnen 8 Tagen zu verlassen. Bei seiner Rückkehr nach Frankreich erfuhr er von der Hinrichtung seiner girondistischen Freunde am 31.10.1793. Er traf einen Tag nach der Hinrichtung in Paris ein und wurde am folgenden Tag zum Bürovorstand der 3. Division im Ministerium des Äußeren berufen. Während der jakobinischen Terrorherrschaft ermöglichte er mehreren Deutschen die Flucht.

Am 01.04.1794 schaffte die jakobinische Herrschaft alle Minister ab und stellte die Führung des Staates unter die Leitung des Wohlfahrtausschusses, der unter der Führung von Robespierre stand. Am 18.04.1794 rechtfertigte er sich in schriftlicher Form, verschwieg jedoch seine Freundschaft mit den Girondisten. So sei er der Revolution durch alle Gewohnheiten des Geistes und Herzens und der Republik durch ihre Wohltaten verbunden, auch bereit, sich für sie aufzuopfern und legte sein Schicksal in die Hände des Wohlfahrtausschusses. Dieser sollte darüber entscheiden, ob er auf den Status eines französischen Bürgers verzichten müsse und ob er, der im Feindesland Geborene, für die Republik Dienst tun dürfe. Er wurde verhaftet und nur der Sturz Maximilian de Robespierres und der Jakobinerherrschaft am 9. Themidor verhinderte seine Hinrichtung.

Am 24.07.1795 wurde der Diplomat zum Gesandten bei den deutschen Hansestädten mit Sitz in Hamburg ernannt. Er erreichte Hamburg am 28.09.1795 und hatte die Aufgabe die großen Häfen im Norden Deutschlands für den französischen Handel offen zu halten. Grundlage war der zu Basel geschlossene Friedensvertrag zwischen Preußen und Frankreich im April 1795.

In Hamburg verkehrte Reinhard u.a. mit den aufgeklärten Familien Reimarus und Sieveking. Das unterhalb Altonas liegende Landhaus von Sieveking und Poel war ein Zentrum geistiger Interessen und Geselligkeit im Norden Deutschlands. Hier lernte er auch Klopstock und Friedrich Jacobi kennen.

Am 12.10.1796 heiratete er Christine Reimarus. Sie galt als »eines der gebildetsten Mädchen Deutschlands«. Vor dem Direktorium musste er sich erneut rechtfertigen und tat dies mit der Tatsache, dass seine Frau in Gefühlen schon Französin sei und dies für seine Wahl entscheidend war. Seine Anerkennung als französischer Gesandter bei den Hansestädten erfolgte jedoch erst nach dem Friedensschluss von Loeben im April 1797.

Auf einer Reise nach Polen lernte er August Hennings, den Herausgeber des »Genius der Zeit« kennen. Der als dänischer Amtmann lebende Hennings von war ein Onkel seiner Gattin Christine. Zwischen beiden Männern entspannte sich ein lebhafter Briefwechsel über die Französische Revolution sowie deren Ideen und Wirklichkeit. Reinhard verteidigte in diesem Schriftwechsel die Überzeugung, dass die Sache der Grundsätze und die Sache der Regierung, der er diene, eins und unzertrennlich sei. Er verteidigte den Staatsstreich vom 18. Fructidor, bedauerte jedoch die dabei ums Leben gekommenen.

Am 13.12.1797 wurde Reinhard zum Gesandten am Hofe des Großherzogs Ferdinand III. von Toskana ernannt und reiste erst am 18.04.1798 nach Florenz ab. Zuvor reiste er jedoch noch Paris um von Außenminister Talleyrand seine Instruktionen zu erhalten. Bei dieser Gelegenheit traf er auch mit seinem Freund Sieyés zusammen. Bei dieser Gelegenheit traf er auch mit den jungen General Bonaparte, der in Italien erfolgreich Krieg geführt hatte, erstmals zusammen.

Florenz erreichte er in Begleitung seiner Frau Christine und es Sekretärs Georg Kerner am 18.05.1798 ein. Seine Reise führte ihn über Rastatt, Tübingen und Balingen. Nach der Flucht des Großherzogs im Frühjahr 1799 übernahm Reinhard die Zivilverwaltung in der Stadt, doch schon am 04.07.1799 floh er vor den erfolgreich in Norditalien voranrückenden russisch-österreichischen Truppenverbänden unter Marschall Suworow. Als französischer Zivilgouverneur bemühte sich Reinhard, den Übergang in eine Republik so leicht wie möglich zu gestalten, indem er liberale Männer in Führungsaufgaben berief, die manches Schlimme verhindern halfen.

Am gleichen Tage, es war der 04.07.1799, erfolgte seine Berufung zum Gesandten bei der Helvetischen Tochterrepublik in Bern. Er kam am 27.09.1799 in Paris an und wurde am 05.09.1799 zum Nachfolger des zurückgetretenen Außenministers Talleyrand-Périgord berufen. Nach Napoléons Staatsstreich am 18. Brumaire (09.11.1799) musste er am 21.11.1799 das Amt des Außenministers wieder an Talleyrand abgeben.

Er wurde erneut als Gesandter nach Bern beordert wo er am 22.02.1800 eintraf. Im Juli des gleichen Jahres begegnete er den württembergischen Verleger Cotta und studierte die Schriften Schillers und besuchte im Oktober Lavater und im gleichen Jahr folgte noch eine Begegnung mit den Theologen Ignaz Heinrich Karl Freiherrn von Wessenburg, der sich vor allem gegen die Säkularisationsbestrebungen im Reich wendete.

Seine Abberufung erfolgte im September 1801 und er hielt sich bis zu seiner Ernennung als Gesandten des niedersächsischen Reichskreises am 15.04.1802 in Hamburg auf. Der Erste Konsul Napoléon verfolgte mit der Entsendung Reinhards, den niedersächsischen Reichskreis zum Kriegseintritt gegen England auf französischer Seite zu bewegen. Reinhard traf am 06.06.1802 in der Hansestadt ein, sein Ansinnen wurde jedoch nicht von den Räten begrüßt, bedeutete es doch den wirtschaftlichen Untergang der Hansestädte. Als er sich weigerte, bei der Entführung eines englischen Diplomaten mitzuwirken, enthob ihn Kaiser Napoléon am 22.03.1805 seines Postens. Seine Rückkehr von Hamburg führte ihn über Köln, wo er mit dem Kunstgelehrten Sulpiz Boisserée und später mit Friedrich Schlegel zusammentraf. Gleichzeitig überlegte er sich, in den nun zu Frankreich gehörenden Rheinlanden ein kleines Anwesen zu kaufen.

Während des Krieges von 1806 gegen Preußen wurde Reinhard zum Ministerresidenten in den Donauprovinzen des osmanischen Reiches und Generalkonsul an der Moldau. Er reiste mit einem Halt in seinem Geburtsort Schorndorf über München Wien und Budapest nach Jassy, wo er am 23.03.1806 eintraf. Am 07.12.1806 wurde der französische Ministerresident und Generalkonsul von russischen Kosaken mit samt seiner Familie entführt und nach Krementschuk am Dnjepr gebracht. Für einen Monat wurde er interniert und am 20.01.1807 erfolgte auf persönlichen Befehl Zar Alexanders seine Freilassung. Während seiner Gefangenschaft wurde seine Gesundheit angegriffen. Nach der Freilassung wurde er zum Grenzübergang nach Lemberg begleitet.

Auf Grund seiner angegriffenen Gesundheit erhielt er vom Außenministerium die Erlaubnis zunächst eine Kur in Karlsbad anzutreten. Bei diesem Kuraufenthalt lernte er auch den Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe Beide Männer sprachen viel über deutsche und französische Literatur sowie über die Farbenlehre des deutschen Schriftstellers. Er verließ am 15.07.1807 in Richtung Paris ab.

Sein Weg führte ihn dabei über Leipzig, Weimar und Koblenz. Er traf Anfang September 1807 in der französischen Hauptstadt ein. Bei dieser Gelegenheit erwarb er auch das zwischen Köln und Bonn gelegene Jagdschloss Falkenlust und zusammen mit dem Kölner Kunstsammler Sulpiz Boisserée erwarb er das ehemalige Kloster Apollinarisberg in der Nähe von Remagen. Am 01.03.1808 zog der Diplomat im Jagdschloss Falkenlust ein.

Zu dieser Zeit führte Reinhard Gespräche mit Friedrich Schlegel über Religion und Mystizismus. In dessen Kritik des Protestantismus beschrieb Reinhard diesen als Anhänger der natürlichen Religion und Gegner der Theologie. Zugleich korrespondierte Reinhard mit Goethe und begann dessen Werke ausführlich zu lesen.

Mit der Ernennung zum Gesandten am Hofe König Jérômes in Kassel legten sich auch die finanziellen Sorgen des zwischenzeitlich arbeits- und pensionslosen Diplomaten. Kaiser Napoléon sah in Reinhard die richtige Person, seinen Bruder als König von Westphalen richtig zu lenken. und zu unterstützen. Er nahm die Berufung König Jérômes zum Familienminister sehr gerne an, da er auf diese Weise ein französisches Deutschland schaffen konnte.

Reinhard setzte sich dafür ein, dass die Errungenschaften der Französischen Revolution auch im französischen Musterstaat Westphalen einzuführen. So setzte er sich ebenso für eine geschriebene Verfassung ein wie auch die Abschaffung von Privilegien einzelner gesellschaftlicher Gruppierungen und der Leibeigenschaft. So wurde durch die Einführung des »Code Napoléon« die Gleichheit aller vor dem Gesetze ebenso realisiert wie die bürgerliche Freiheit und Gleichheit. So gelangten nach dem Friedensschluss von Lunéville am 09.02.1801 weite Teile Deutschlands unter den Einfluss Frankreichs.

Am 24.02.1809 wurde Karl Friedrich von Reinhard zum Chevalier de l`Empire ernannt. Im selben Jahr erhielt er seine Berufung in die Königliche Sozietät der Wissenschaften zu Göttingen. Zu Sylvester 1809 erfolgte seine Nobelierung zum Baron de l`Empire.

Über seine Arbeit im Königreich Westphalen schrieb der ehemalige französische Diplomat am 24.04.1809 dem französischen Außenminister Talleyrand:

Seit vier Jahren ist das große Werk so seiner Vervollkommnung entgegengegangen, und die französischen Einrichtungen haben so tief Wurzeln geschlagen, dass das Schreckgespenst einer Rückkehr der alten Ordnung nicht einmal bei unwissenden und weniger gut gesonnenen Leuten gewisse Hoffnungen und Wünsche wach hält.

Gleichzeitig beklagte er sich jedoch auch über das Verhalten König Jérômes und seiner Gattin Friederike Katharina, einer württembergischen Prinzessin. Die im Königreich Westphalen ansässigen Franzosen würden den Musterstaat eher als eine Kolonie sehen, in der man das schnelle Vermögen erringen könne.

In seiner Kasseler Zeit traf er täglich mit seinen alten Freund, den er in Bern kennenlernte, Johannes von Müller zusammen. Dieser diente dem König von Westphalen als Unterrichtsminister. Nach dem Tode Müllers verteidigte Reinhard diesen sowohl beim König als auch beim Kaiser in Paris. Beide Männer widmeten den königlichen Universitäten eine besondere Aufmerksamkeit. So erhoffte er sich einen moralischen Einfluss derselben auf das restliche Deutschland.

Reinhard wurde auch in den Sog des Untergangs des napoleonischen Herrschaftsgefüges des Jahres 1813 verstrickt. Am 23.07.1813 wird er von Napoléon zum letzten Mal im Rahmen einer Audienz in Dresden empfangen. Am 28.09.1813 floh er aus Kassel, kam jedoch Mitte Oktober zurück und flüchtete nach der Rettung der Kasseler Notablen endgültig am 26.10.1813 in Richtung Paris.

Nach dem Alliierten Sieg vom 31.03.1814 in Paris glaubte Reinhard sich am Ende seiner Rolle in Frankreich, da er sich stets der Revolution und Republik sowie dem Kaiserreich verpflichtet sah. So wünschte er sich eine Anstellung in Deutschland oder bei Erhalt einer kleinen Pension auf sein Landgut nach Falkenlust zurückziehen zu können.

Doch durch die Fürsprache seines alten Freundes Talleyrand, der auch unter den Bourbonen zunächst als Außenminister agierte, erhielt er eine Anstellung als Kanzleidirektor des Außenministeriums und die Berufung in den Staatsrat. Diese nahm der Diplomat Reinhard am 14.05.1814 an.

Nach der Rückkehr Napoléons flüchtete der Pariser Hof der Bourbonen in Richtung Gent. Am Morgen des 20.03.1815 verließ Reinhard, dem Tross des französischen Königs Louis XVIII. der sich über Brüssel in Richtung Gent aufmachte. Er wurde von preußischen Militärs verhaftet und vom 02. Bis 30.04.1815 in Frankfurt/Main inhaftiert. Erst auf eine direkte Initiative Louis XVIII. und Talleyrands wurde er aus der Haft entlassen. Am 23.05.1815 erreichte er den provisorischen Hof des geflüchteten Monarchen Louis XVIII. in Gent.

Nach dem alliierten Sieg bei Waterloo am 18.06.1815 kehrte er zusammen mit den Bourbonen nach Paris zurück und nahm seine alte Stellung wieder ein. Louis XVIII. erhob Reinhard am 22.08.1815 in den Grafenstand, wodurch er nun auch ein Landgut in Frankreich erwerben konnte. Dies führte 1817 zum Verkauf des Landsitzes am Rhein. Am 26.11.1815 erfolgte seine Berufung zum Bevollmächtigten Gesandten beim Deutschen Bundestag in Frankfurt und bei der Freien Stadt Frankfurt.

Während einer Kur im Jahre 1822 in Baden-Baden lernte er den Weimarer Kanzler Müller kennen. Es folgen in den nächsten Jahren mehrere Begegnungen mit Goethe in Weimar.

In den Jahren 1826 und 1827 unternahm er Reisen in die Schweiz, nach Oberitalien und Norwegen. Vom Oktober 1828 bis Februar 1829 verbrachte er einige Wochen in Paris. Am 17.09.1829 wurde er durch die Regierung Polignac aus Frankfurt abberufen. Er besuchte vor seiner Abreise aus Frankfurt noch einmal Goethe in Weimar. Im folgenden Jahr unternahm er weitere Reisen in die Auvergne und nach Burgund.

Während der Juli-Revolution des Jahres 1830 wurde Reinhard - nach Ablösung König Charles X. durch den Bürgerkönig Louis-Philippe de Orléans in Abwesenheit zum Kommissar der Auswärtigen Angelegenheiten berufen. Am 14.10.1830 erfolgte seine Ernennung zum Gesandten am sächsischen Hof in Dresden, wo er am 11.06.1832 endgültig abberufen und in den Ruhestand versetzt wurde.

Am 12.10.1832 wurde er Pair von Frankreich. Am 26.12.1832 wurde ihm durch einen »Lettres de Grande Naturalisation« auch offiziell die französische Staatsbürgerschaft verliehen. Sein stetes Hin- und Her gerissen sein zwischen Frankreich und Deutschland wurde wohl erst durch die Übernahme in den Dienste Louis XVIII. und seiner Indienststellung für den Bourbonenstaat zu Gunsten Frankreichs entschieden. An seinen Freund Hamier in Kassel schrieb er:

Ich gehöre jetzt zum alten Frankreich, das wieder auflebt.

Sein Entschluss für die konstitutionelle Monarchie und Frankreich war sicherlich durch seinen Wunsch nach Frieden geprägt. Der König, der unter Beibehaltung der Errungenschaften der Revolution dem Volke eine Verfassung und ein Parlament anbot, akzeptierte auch den Deutschfranzosen Reinhard. Dieser konnte so auch seinen politischen Maximen und Grundsätzen aus der Französischen Revolution treu bleiben, denn eine bessere Alternative konnte ihm in Deutschland nicht geboten werden. Aber er war wohl eher ein Weltbürger, da sein eigentliches Vaterland weder Deutschland noch Frankreich waren.

Der ehemalige Außenminister Charles Maurice de Talleyrand-Périgord nannte Reinhard in seiner Gedenkrede am 03.03.1838 »das Geschenk Tübingens an Frankreich«. In der Rede hieß es weiter:

In der Tat, ein Minister des Auswärtigen muss mit einer Art Instinkt begabt sein, der rasch warnend ihn vor jeder Diskussion hindert sich jemals zu kompromittieren. Er muss die Fähigkeit besitzen, sich offen zu zeigen, während er undurchdringlich bleibt; muss mit den Formen der Hingebung zurückhaltend sein, geschickt selbst in der Wahl seiner Zerstreuungen; seine Unterhaltung muss einfach, mannigfaltig, überraschend, stets natürlich und bisweilen naiv sein; kurz er darf binnen vierundzwanzig Stunden nicht einen Moment aufhören, Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu sein.

Von 1803 bis 1817 war Karl Friedrich Reinhard Mitglied des Institut de France in der Klasse Alte Geschichte und Literatur. Ab 1816 gehörte er der Akademie der Inschriften und schönen Wissenschaften in Paris als Mitglied an. Im Jahre 1832 wird er noch in die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften aufgenommen, dessen Vizepräsident er im Jahre 1834 werden sollte.

Reinhard reiste im Juli 1837 noch nach London und Hamburg und im September 1837 nahm er an den offiziellen Feierlichkeiten zur Hundertjahr-Feier der Universität Göttingen teil.

Nachdem ihm 1804 der Titel eines Kommandeurs der Ehrenlegion verliehen wurde, folgte am 01.05.1821 die Ernennung zum Groß-Offizier der Ehrenlegion. Am 26.08.1829 wurde ihm das Großkreuz der Ehrenlegion ausgehändigt.

Am 19.02.1815 starb seine erste Ehefrau Christine, mit der er die Tochter Sophie (1801-1861) und den Sohn Karl (1802-1873) hatte, in Paris. Am 13.04.1825 heiratete er die junge Französin Virginie von Wimpffen (1801-1886). Die junge Frau war eine Freundin von Sophie Reinhard.

Karl Friedrich Reinhard starb nach einer kurzen Krankheit am 25.12.1837 an Erschöpfung in seiner Wahlheimat Paris.


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