Johann Friedrich Hugo von Dalberg

* 17.05.1760 in Mainz
† 26.07.1812 in Aschaffenburg

Johann Friedrich Hugo Nepomuck Eckenberg Freiherr von Dalberg, genannt Kämmerer von Worms , wie er richtig heißt wurde am 17.05.1760 in Mainz geboren. Sein Geburtshaus war der Dalberger Hof am Stephansberg. Noch am gleichen Tag wurde der Säugling getauft.

Er war der jüngere Bruder des letzten Mainzer Kurfürsten und Fürstprimas Carl Theodor von Dalberg und des Theaterdirektor Wolfgang Heribert von Dalberg, der Intendant des Mannheimer Nationaltheaters erstmals Schillers Räuber aufführte. Seine Eltern waren Franz Heinrich von Dalberg (1716-1776) und Maria Sophie Anna, geborene Eltz-Kempenich (1722-1763). Insgesamt hatte das Ehepaar 11 Kinder, von denen jedoch nur drei Jungen und zwei Mädchen das Erwachsenenalter erlebten.

Schon früh wurde Fritz - so sein Rufname - auf die geistliche Laufbahn vorbereitet. Ob jedoch eine körperliche Mißbildung - er hatte einen Buckel - der ausschlaggebende Grund gewesen sein mag, ist nicht überliefert. Am 09.009.1768 fand seine Aufschwörung zum Domizellar am Domkapitel von Trier statt und ein halbes Jahr später erwarb er das Domizellariat in Speyer. Am 18.04.1770 folgte noch das Domizilariat in Worms. Die Statuten verlangten von den Domizialen ein zweijähriges Studium, dass er von 1772 bis 1774 in Erfurt absolvierte. In Erfurt wohnte er bei seinem älteren Bruder Carl Theodor von Dalberg, der in jener Zeit Statthalter des Mainzer Kurfürsten Friedrich Karl von Erthal war.

Am 03.10.1776 erfolgte die Aufnahme Johann Friedrich Hugo von Dalbergs. Zwischen 1782 und 1799 wurden drei seiner Vorträge für die Akademie gedruckt.

Der junge Dalberg nahm im Jahre 1777 noch ein weiteres Studium an der Universität Göttingen auf und widmete sich der Rechtswissenschaft. In seinem vermutlich zweisemestrigen Studium hörte er auch Vorlesungen bei Johann Stephan Pütter (1725-1807) und trat auch als gefeierter Klaviervirtuose im Hause seines Professors auf. Anno 1782 ließ seine Frühschrift »Ariston oder über die Wirkung der peinlichen Strafgesetze« den Einfluss seines Lehrers deutlich erkennen.

Um jedoch noch ein regulärer Kanoniker werden zu können fehlten ihm die Weihen eines Subdiakons und eines Diakons. Eine Priesterweihe, die zu jener Zeit nur für Dignitäre gefordert war, strebte Dalberg nicht an. Die Weihen eines Subdiakons erteilte ihm 1783 der Speyerer Weihbischof Andreas Seelmann (1731-1789) und im folgenden Jahr erhielt er vom Trierer Weihbischof Johann Nikolaus Hontheim (1701-1790) die Diakonen-Weihe. Im gleichen Jahr, am 25.09.1784, fand auch seine Aufnahme in das Kathedralkapitel Trier statt. Am 30.06.1787 zog er in das Wormser und am 21.07.1794 in das Speyerer Domstift ein.

In Trier war Dalberg für die Ausbildung und Prüfung der Dommusiker. So nahm er u.a. die Prüfung des späteren Domorganisten Peter Joseph Pletz (1763-1809) oder die des späteren Kapellmeisters und Komponisten Philipp Jakob Riotte (1776-1856) ab. Letzteren förderte Dalberg auch später noch.

Als Präsident der kurtrierischen Schulkommission erfreute sich Dalberg der Wertschätzung des letzten Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus (1739-1812). Somit unterstand ihm ab dem 09.09.1785 das gesamte kurtrierische Bildungswesen. Sein Amtsbereich erstreckte sich über das Koblenzer Lehrerbildungsseminar, die Normalschule, die Landschulen, Stadt- und Trivialschulen und Gymnasien, sowie die Lateinschulen und die Philosophische Fakultät der Universität Trier. Im Jahre 1787 wurde sein Aufgabenbereich auch noch auf die wissenschaftliche Leitung des Priesterseminars erweitert. Er war bemüht eine gemäßigte Aufklärung durchzusetzen. In Religionsfragen berief er sich auf Johann Ignaz Felbiger(1724-1788). Seine Reformen zeigten vor allem im gymnasialen Bereich griße Erfolge. Doch durch einen Politikwechsel des Kurfürsten, ausgelöst durch die Ereignisse der Französischen Revolution, sah sich Dalberg nicht mehr im Stande sein Amt auszuüben. Offiziell führte er die Amtsgeschäfte noch bis ins Jahr 1792.

Seitdem er sich aus den Aufgaben des Präsidenten der Schulkommission zurückgezogen hatte, begann für ihn eine Zeit des gelehrten Privatisierens. Noch während seiner aktiven Zeit hatte Dalberg ein reisefreudiger Zeitgenosse. Bereits 1782 besuchte er den württembergischen Herzog Carl Eugen (1728-1793) in Stuttgart. Im folgenden Sommer besuchte er zusammen mit seinem Bruder Wolfgang Heribert und den Trierer Minister Georg Michael Frank von La Roche(1720-1788) in die Niederlande. La Roche war der Ehemann von Marie Sophie La Roche (1731-1807), der Jugendfreundin Christoph Martin Wielands und Großmutter des Dichters Clemens Brentano. Auf dieser Reise traf die Gesellschaft unter anderen mit Charles d‘Artois (1757-1838) zusammen.

Im Jahre 1786 zog es Dalberg nach Düsseldorf, wo er auf Einladung des Philosophen Friedrich Heinrich Jacobi (1743-1819) in Pempelfort zu Gast war. Zwischen August 1788 und Juli 1789 unternahm Johann Friedrich Hugo von Dalberg zusammen mit Johann Gottfried Herder (1744-1803) und Sophie von Seckendorff (1755-1820) eine Reise nach Italien. Diese Reise führte jedoch zu einem Eklat, der zur Trennung der Reisegruppe führte, verband ihm eine lebenslange Freundschaft mit Herder. Der Schriftverkehr beider umfasste sowohl philosophische als auch musikalische und politische Themen der Zeit.

Zwischen 1790 und 1792 sorgte sich der Trierer Domherr um seinen Neffen Emmanuel Joseph, der wegen einer enttäuschten Liebe, in die Obhut des Onkels nach Trier ging. Dieser ermöglichte ihm einen Studienaufenthalt beim Schweizer Historiker Johannes von Müller (1752-1809). Diese Gelegenheit nutzte er um mit Johann Caspar Lavater (1741-1801) zu besuchen. Seine entstehende Begeisterung an der Philosophie Jean-Jacques Rousseau vermittelte er ebenfalls seinem Neffen.

1791 trat Dalberg eine zweite Reise in die Schweiz an, die ihn auch nach Frankreich führte. In Den Haag unterbreitete er einem spanischen Beamten seine Vision einer reformierten Kolonialpolitik. Dieser Versuch wieder politisch tätig zu werden scheiterte jedoch. Von Paris aus betrachtete er das revolutionäre Frankreich kritisch.

Zwischen 1793, er beendete gerade eine zweite Italienreise und 1799 ist über seine Aktivitäten nicht viel bekannt. So zog er in das Speyerische Domkapitel ein und besuchte zweimal England. In London erschienen einige seiner Kompositionen, auch seiner Kantate »The Diving Christian«.

Nachdem im Jahre 1802 in Deutschland eine Säkularisation auch auf das Kurfürstentum Trier Auswirkungen hatte, zog er zusammen mit seinem Bruder Carl Theodor, der sowohl Erzbischof von Mainz und Fürstbischof von Worms geworden war, nach Aschaffenburg um. Er besaß sowohl eine Wohnung im fürstlichen Schloss als auch im Sattigschen Haus vor dem Kapuzinertor. Von Aschaffenburg aus nahm er einen Briefwechsel über orientalische Kulturgeschichte mit Joseph Görres (1776-1848) auf.

Johann Friedrich Hugo von Dalberg gehörte, wie seine Brüder auch, mehreren Freimaurerlogen an. In Trier war er Mitglied der dortigen Lesegesellschaft. Obwohl ihm eine Nähe zum Gedankengut der Aufklärung nicht abzusprechen ist, gilt er doch gerade im politischen Fragen eher als konservativ. So wurde es in seinen Anmerkungen zur Französischen Revolution oder bezüglich seiner kolonialpolitischen Überlegungen sichtbar. Aus seiner Sicht, einer reichsunmittelbaren Familie sah er in einem auf den Kaiser als höchste Spitze konzentrierten Staatswesen eine unverbrüchliche Grundlage seines und allen - politischen Handelns. Er war jedoch immer bereit soziale und politische Missstände zu artikulieren und gegen Despotismus scharfe Worte zu finden.

Seine Schriften waren thematisch sehr vielfältig. Zwischen 1776 und 1789 erschienen seine Frühschriften, die kaum über den seinerzeit üblichen Horizont der philanthropisch-humanistisch geprägten Literaturepoche hinausgingen. Im Text »Betrachtungen über die leidende Kraft des Menschen« (1786) stellt er eine physiologisch begründete Darstellung des menschlichen Leidens- und Schaffensprozesses dar, was als anthropologisches Fundament seiner Weltanschauung anzusehen ist.

Im nächsten Jahr zeichnete er in seinem »Betrachtungen eines Tonkünstlers in die Musik des Geistes« eine Verknüpfung von antiken und neuzeitlichen Gedanken und liefert somit einen Grundgedanken der romantischen Musikästhetik. Die Musikgeschichtsschreibung hebt hervor, dass Dalberg der erste Musikschriftsteller, der der Tonkunst eine »noetische, kosmologische und metaphysische Idee im Sinne der Romantik« zugrunde legte.

Im Jahre 1791 erschien seine Schrift »Vom Erfinden und Bildern« galt als sein ästhetisches Hauptwerk. Es stand unter dem starken Einfluss seines Reisegefährten der ersten Italienreise Herder.

Nach seiner Rückkehr von der Italienreise schrieb er überwiegend kultur-, musik- und religionsgeschichtliche Werke aus dem Bereich der Orientalistik. So übersetzte er William Jones (1745--1794) Werk »Über die Musik der Inder«, welches 1802 in Erfurt mit einer Kommentierung des Übersetzers erschien. Auch die »Gito Govinda« und sowie die romanhafte Darstellung der »Geschichte einer Drusenfamilie - Mehaled und Sedli« erschien 1808.

Dalbergs Kompositionen, die nach seinem Tode in Vergessenheit gerieten, sind von den Zeitgenossen auf Grund ihrer qualitativen Arbeit durchaus anerkannt worden. Zu seinen Werken gehören sowohl Instrumental- als auch Vokalstücke. Es umfasst Kantaten, Melodramen, Lieder, Kammermusik sowie Klaviersonaten und -werke für drei, vier und fünf Händen.. Auch Fantasien, Variationen bereicherten das Werk. Das Werk knüpfte an die Tradition der Mannheimer Schule an, die er durch seinen Musiklehrer Ignaz Holzbauer (1711-1783) vermittelt bekam. Im Laufe der Zeit zeigte sich in seinem Werk jedoch eine Vorwegnahme frühromantischer Ausdrucksformen.

Der Privatier verstarb am 26.07.1812 im Alter von nur 52 Jahren in seiner Aschaffenburger Stadtwohnung vermutlich an den Folgen der Wassersucht auf Grund einer Herzinsuffizenz.

Seine Beerdigung erfolgte in Aschaffenburg, und nicht wie es Familientradition war, in der Herrnheimer Familiengruft. Sein Grab ist heute nicht mehr erhalten.

Werke:

  • Ueber die Rechtschaffenheit., 1776
  • Ariston oder über die Wirksamkeit der peinlichen Strafgesezze. Ein Dialog. [Vorgelesen in der kurfürstlichen Mainzischen Akademie der Wissenschaften in Erfurt, den zweiten Januar 1782]., 1782.
  • [Ueber] Glückseligkeit. In: »Deutsches Museum«, 1782
  • Theokles an Alydion, Von der Dauer des Genusses. Ein Fragment aus der platonischen Schule. In: »Deutsches Museum«, 1783
  • Betrachtungen über die leidende Kraft des Menschen, 1786
  • Blicke eines Tonkünstlers in die Musik der Geister., 1787
  • Bittschrift des Papiers an die Gelehrten besonders von teutscher Art und Kunst., 1789
  • Eine Rede über gesetzliche Ordnung. Frankfurt am Main, 1789
  • Trauer-Chor auf den Tod Josephs des Zweiten; gedichtet, und in Musick gesetzt, von Friedrich Freiherrn von Dalberg.,1790
  • Vom Erfinden und Bilden. Frankfurt am Mayn, bei Johann Christian Hermann 1791.
  • Kriegslied der vorländischen Bürger, als sie wider die Neufranken an den Rhein zogen. In: »Journal des Luxus und der Moden«, 1794
  • Versuche, den Dreyklang und die harmonischen Mitlaute vermittelst Glasstäben an Metallsaiten hervorzubringen. In: »Allgemeine Musikalische Zeitung«, 1799
  • Untersuchungen über den Ursprung der Harmonie und ihre allmählige Ausbildung. Mit Kupfern. [Eine Vorlesung in der Akademie nützlicher Wissenschaften zu Erfurt vom 2ten November 1799],. 1800.
  • Die Aeolsharfe. Ein allegorischer Traum., 1801
  • Ueber die Musik der Indier. Eine Abhandlung des Sir William Jones. Aus dem Englischen übersetzt, mit erläuternden Anmerkungen und Zusätzen begleitet. Nebst einer Sammlung indischer und anderer Volks-Gesänge, und 30. Kupfern., 1802
  • Lieder der Indier und anderer orientalischer Völker., 1802
  • Gito-Govinda oder die Gesänge Jajadeva's, eines altindischen Dichters. Aus dem Sanskrit ins Englische, aus diesem ins Deutsche übersetzt mit Erläuterungen von F. H. Dalberg., 1802
  • Ueber griechische Instrumental-Musik und ihre Wirkung., In: »Allgemeine Musikalische Zeitung«, 1806
  • Fantasien aus dem Reiche der Töne., 1806
  • Das Geschlecht der Frommen, eine sizilianische Idylle. In: »Morgenblatt für gebildete Stände«, 1807
  • Die edle Tochter, eine russische Romanze. In: »Morgenblatt für gebildete Stände«, 1807
  • Der Geist der Harmonie. In: »Morgenblatt für gebildete Stände«, 1807
  • Die Blumen. In: »Morgenblatt für gebildete Stände«, 1807
  • Mellica am Grabe ihres Gatten. Neugriechische Elegie. In: »Morgenblatt für gebildete Stände«, 1808
  • Geschichte einer Drusenfamilie. Mehaled und Sedli. Eine Drusen Erzählung, 1808
  • Der Tod Fatimas, Mahomeds Tochter, aus dem Deh Mujlis. In: »Morgenblatt für gebildete Stände«, 1809
  • Scheik Mohammed Fani's Dabistan oder von der Religion der ältesten Parsen. Aus der Persischen Urschrift von Sir Francis Gladwin ins Englische, aus diesem ins Deutsche übersetzt,1809
  • Simorg der Persische Phönix, eine Mythe. In: Fundgruben des Orients, 1809
  • Die Chöre, oder: Vom Geist des christlichen Gesanges. In: Sammlung einiger in dem Frankfurter Museum vorgetragenen Arbeiten., 1810
  • Die sieben Pagoden. In: »Allgemeine geographische Ephemeriden«, 1810
  • Mohammeds Tod nach dem Deh-Medschlis. In: »Fundgruben des Orients«, 1811
  • Ueber Meteor-Cultus der Alten, vorzüglich in Bezug auf Steine, die vom Himmel gefallen. Ein Beytrag zur Alterthumskunde., 1811
  • Nachrichten - Ueber Kaufmanns Harmonichord. In: »Allgemeine musikalische Zeitung«, 1811

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