Gustav Adolf Harald Stenzel

* 21.03.1792 in Zerbst
† 02.01.1854 in Breslau

Gustav Harald Stenzel wurde am 21.03.1792 in Zerbst geboren. Sein Vater war der Konrektor des Gymnasiums seiner Vaterstadt wo er zu Ostern 1810 sein Reifezeugnis erhielt. Schon im zarten Knabenalter interessierte sich der junge Mann für Geschichte.

Nach erfolgtem Schulbesuch begann er ein Studium der Theologie an der Universität Leipzig. Doch das Theologiestudium belegte er eher der Form wegen, während sein seit der Kindheit anhaltendes Interesse an Geschichte ihn auch bei der weiteren Studienwahl beeinflusste. Nebenbei hörte er auch noch philosophische Vorlesungen bei Gottfried Hermann. Doch nicht die Historiker seiner Universität beeinflussten den jungen Mann sondern Männer wie Johannes von Müller durch seine Briefe an Bornstetten oder Heeren durch seine klare und einfache Darstellung. Auch die gediegene Gelehrsamkeit eines Wencks oder auch die Scharfsinnigkeit eines Karl Friedrich Eichhorns faszinierten ihn.

Nachdem im Jahre 1813 der Sturm gegen Napoléon losbrach, entschied sich auch Stenzel den Ruf des Vaterlandes zu folgen. So trat er am 20.04.1813 als Freiwilliger in das Bataillon Anhalt ein und nahm in den Reihen dieses Bataillons an den Gefechten um Hamburg teil. Am 10.12.1813 führte er, der seit nunmehr einer Woche auch Offizierdienst leistete, seine Soldaten auf das von den Dänen verteidigte Sehstädt bei Rendsburg an. In diesem Gefecht wurde er durch eine feindliche Kugel an den unteren Rippen schwer verletzt, konnte jedoch bereits im März des Folgejahres nach Zerbst zurückkehren. Aus dem Militärdienst wurde er als Offizier entlassen.

Er setzte seine Studien zunächst in Leipzig fort, wo er im Jahre 1815 die philosophische Doktorwürde erwarb und im folgenden Jahr erhielt er das Recht akademische Vorlesungen zu halten. Bei dieser Gelegenheit verteidigte er seine Schrift »De ducum post tempora Caroli Magni origine et progressu«. In den Jahren 1816/17 hielt er zunächst in Leipzig und dann in Berlin Vorlesungen als Privatdozent. Gleichzeitig schuf er noch »Versuch einer Geschichte der Kriegsverfassung Deutschlands vorzüglich im Mittelalter«, das im Jahre 1819 in gedruckter Ausgabe erschien, und ein »Handbuch der Anhaltischen Geschichte«, das im folgenden Jahr publiziert wurde. Vermutlich war das letztere Werk eine Empfehlung an das preußische Kultusministerium.

Im Jahre 1820 folgte er dem Ruf als außerordentlicher Professor der Geschichte ah die Universität zu Breslau wechseln. und wurde im Jahre 1821 neben dem Historiker Johann Gustav Gottlieb Büsching Archivar des schlesischen Provinzialarchivs. Seit dem Jahre 1825 verwaltete er das Provinzialarchiv alleine und nutzte gleichzeitig die Gelegenheit einer archivalischen Neusortierung. Im Jahre 1832 verlieh man Stenzel den Titel eines Geheimen Archivrats.

Er setzte neben seiner Lehrtätigkeit auch seine Forschungen zur Geschichte des Mittelalters fort. So hat er in dieser Zeit die in Breslau befindlichen Handschriften deutscher Geschichtsquellen gesichtet und beschrieben.

Mit seiner Antrittsvorlesung als ordentlicher Professor im Jahre 1827 griff er auch seinen Jugendplan wieder auf, und fing mit den Arbeiten einer Geschichte der fränkischen Kaiser an. In dieser Zeit legte er auch mit seinem Privatissimum, in dem sich die Geschichtsstudenten regelmäßig bei ihm trafen und bei Tee und Butterbrot mit kaltem Aufschnitt über historische Themen und Fragestellungen disputierten. Später entstand das historische Seminar der Universität Breslau und die Teilnehmer erhielten Buchspenden.

Im Jahre 1830 erschien, entgegen seiner ursprünglichen Pläne, die Geschichte der sächsischen Könige zu behandeln sein erster Band einer Geschichte Preußens. In diesem Bande behandelte er die Vorgeschichte der Länder zwischen Elbe und Memel bis zum Auftreten des Großen Kürfürsten. Schon als Student hatte er sich, durch den Einfluss seines Lehrers Beck sich mit einer Preisfrage »Ueber den Einfluß der Deutschen auf die polnische Kultur von Einführung des Christentums bis zum Tode des Wladislaus Jagello« mit Erfolg bearbeitet und zugleich auch die Quellen der polnischen Geschichte bis zum 16. Jahrhundert erschlossen. Gleichzeitig kam ihn seine Tätigkeit als Breslauer Archivar zugute, sodass sein erster Band sehr flott entstehen konnte.

Im Jahre 1835 veröffentlichte er zusammen mit Oberregierungsrat Tschoppe sein wohl wichtigstes Werk »Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte und Einführung und Vorbereitung deutscher Kolonisten und Rechte in Schlesien und der Oberlausitz«. Tschoppe steuerte die wenige Urkunden zur Oberlausitz bei und sorgte auch für die finanziellen Mittel zur Drucklegung durch das preußische Ministerium. Die Sammlung enthält die lehnsrechtlichen Urkunden über die Entstehung der Dörfer und sowie Urkunden über die Gründung der Städte nach deutschem und magdeburgischen Recht. Im Jahre 1846 wurde er im Rahmen der Germanistenversammlung zur Mitarbeit an der Herausgabe der Reichstagsprotokolle gewonnen.

Doch als es im Deutschland unruhig wurde, legte er erneut die Bücher zur Seite und folgte dem Ruf der Demokratie. So wurde er als Abgeordneter der Neumark in die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche gewählt. Er arbeitete hier am Verfassungswerk für Kleindeutschland mit und war ein begeisterter Anhänger Heinrich von Gagerns. Er gehörte auch der Kaiserdeputation der Versammlung an, die dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone anbot. Er war von der Erfolglosigkeit der Verhandlungen enttäuscht. Später hielt er in der Universität Vorträge über die Nationalversammlung.

Nach seiner Rückkehr aus Frankfurt im Jahre 1850 arbeitete Stenzel weiter an seinen Werken zur schlesischen und preußischen Geschichte. In letzterer Arbeit schaffte er den Zeitraum bis zum großen Friedrich und dem Ende des Siebenjährigen Krieges ohne die Friedensverhandlungen zu beschreiben. Er wollte den Band erst nach der Veröffentlichung des Werkes Rankes vorstellen, da er sich hier – der Verfasser hatte Zugriff auf das Geheime Staatsarchiv – neue Erkenntnisse und Schlussfolgerungen erhoffte. Auch von der geplanten dreibändigen schlesischen Geschichte konnte zu seinen Lebzeiten nur der erste Band erscheinen.

Stenzel machte sich insbesondere um die Geschichte Schlesiens verdient. An der Universität Breslau gründete er im Jahre 1844 das Historische Seminar, zuvor hatte er bereits in Königsberg 1832 ein seminarartiges Institut mit der Unterstützung des preußischen Kultusministeriums ins Leben gerufen. Zu seinen bedeutenden Schülern gehörte Heinrich Wuttke (1818-1876), mit dem er sich jedoch kurz nach dessen Promotion zerstritt. Der Streitgegenstand war dessen Nachweis der Unechtheit des Gierth’schen Tagebuches.

Er war Gründungsmitglied und erster Vorsitzender des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens. Als solcher setzte er sich das Ziel ungedruckte und hauptsächlich in deutscher Sprache vorliegende Quellen zur Landesgeschichte zu publizieren sowie von Arbeiten zur Landesgeschichte. Bereit im Jahre 1846, der Verein gründete sich im Oktober 1844, konnte man 386 Mitglieder zählen, die ihren Jahresbeitrag entrichteten.

Seit dem Jahre 1832 wurde er auch als korrespondierendes Mitglied der Historischen Klasse in die Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Im Jahre 1853 wurde er auch deren auswärtiges Mitglied.

Gustav Adolf Harald Stenzel starb am 2. Januar 1854 in Breslau an den Folgen eines Schlaganfalls. Der Verein setzte ihm noch in seinem Todesjahr einen Gedenkstein auf dem Friedhof.

Werke:

  • Handbuch der Anhaltischen Geschichte., Dessau 1820
  • Anhang zu G. A. H. Stenzel's Handbuche der Anhaltischen Geschichte., Leipzig 1824
  • Geschichte Deutschlands unter den fränkischen Kaisern., Leipzig 1827/1928 (Band 1: Leipzig 1827; Band 2: Leipzig 1828)
  • Beiträge zur Aufklärung der Schlesischen Geschichte. in: Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates. Band 8, Berlin Posen Bromberg 1831–1832.
  • Bd I.: Genealogie der Piastischen Herzoge in Oels; Bd 5, 1831, S. 244-258 ;
  • Bd. II: Albrecht v. Waldstein, Herzog von Friedland und Sagan, Bd 5, 1831, S. 289-297
  • Bd. III: Von der Teilung der Stadt Groß-Glogau, im 14. und 15. Jahrhunderte, Bd 8, 1832, S. 137-157
  • IV: Von den ältesten Grenzen Ober-Schlesiens gegen Nieder-Schlesien,Band 8, 1832, S. 361-370
  • V: Der Römische König Rudolf bestätigt die Privilegien der Stadt Leobschütz, Band 8, 1832, S. 370-371
  • Grundriss und Literatur zu Vorlesungen über deutsche Staats- und Rechtsgeschichte nach K. F. Eichhorn und mit steter Beziehung auf dessen deutsche Staats- und Rechtsgeschichte., Breslau 1832
  • Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte und der Einführung und Verbreitung Deutscher Kolonisten und Rechte in Schlesien und der Ober-Lausitz. Hamburg 1832 [zusammen mit Gustav Adolf Tzschoppe]
  • Geschichte des preußischen Staats. (Band 1: Vom Jahre 1191 bis 1640. Hamburg 1830; Band 2: Von 1640 bis 1688, Hamburg 1837; Band 3: Von 1688 bis 1739. Hamburg 1841; Band 4: Von 1739 bis 1756. Hamburg 1851; Band 5: Von 1756 bis 1763. Hamburg 1854
  • Geschichte Schlesiens, Breslau 1853 (Band 1: Von den ältesten Zeiten bis zum Jahr 1355)

Herausgeber:

  • Scriptores rerum Silesiacarum. Breslau 1835-1851, 5 Bde. (Band 1, Breslau 1835; Band 3)
  • Urkunden zur Geschichte des Bisthums Breslau im Mittelalter. Breslau 1845

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